Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Hohelied der Liebe ist Thema der ökumenischen Bibelwoche
Schwester Marie-Pasquale erläutert Bedeutung des Textes – Beziehung zwischen Kirche und Gott
BAD SAULGAU (wol) - Die ökumenische Bibelwoche in Bad Saulgau findet dieses Jahr nicht kompakt in einer Woche, sondern jeweils am Mittwoch zwischen 18.30 und 20 Uhr im evangelischen Gemeindehaus Bad Saulgau statt. Thema ist dieses Jahr das Hohelied der Liebe aus dem Alten Testament, das König Salomo zugeschrieben wird, aber vermutlich aus der persisch-hellenistischen Zeit etwa 300 bis 500 Jahre vor Christus stammt.
Dieses Werk sei „vor allem Gedicht“, sagt Schwester Marie-Pasquale am vergangenen Mittwoch. „Meine Schöne, so kommt doch!“war der Titel dieses Abends, an dem es um die Texte Kapitel 2, Verse 8 bis 14 und Kapitel 7, 11 bis 14 ging. Zunächst sollten die Teilnehmer aus einer Bildsammlung, die um einen Tulpenstrauß aufgebaut war, sich eine Karte aussuchen, die sie ansprach oder an eine schöne Beziehung erinnerte, etwa eine Baumrinde mit Herzen, Vögel am Himmel oder auch ein Kirchenfenster.
Dann erläuterte Schwester MariePasquale die Bedeutung einiger Begriffe in den Texten: Die Turteltaube gilt als Stimme Gottes, etwa des Rufers in der Wüste. Die Gazelle, die der Geliebten gleicht, weiß mit Hindernissen umzugehen und findet auch Verstecke, etwa romantische Rückzugsorte. Der Feigenbaum ist ein Friedenszeichen, im Frieden gibt es Zeit für Liebe. Der Granatapfel ist eine erotische Liebesfrucht. Das Wort „Verlangen“, das in Vers 11 gebraucht wird, kommt im Alten Testament sonst nur noch beim Sündenfall Evas vor und endet in Mühsal und Beherrschtsein, wie Schwester Marie-Pasquale erläuterte. Im Hohelied gehe es aber um eine Beziehung ohne Beherrschtsein.
„Zwischenmenschlich ist der Text leichter zu verstehen“, so Schwester Marie-Pasquale. Insbesondere in der christlichen Deutung etwa der Kirchenväter gehe es vor allem um die Beziehung zwischen Kirche und Gott oder die Gottesbeziehung des Einzelnen. Die menschliche Liebe tauche aber gar nicht mehr auf. Wie sieht meine eigene Gottesbeziehung aus? Dieser Frage sollten sich die Anwesenden am letzten Teil des Abends stellen. Gott ist den meisten in erster Linie als Herrscher, der alles weiß und bestimmt, oder auch als allmächtiger Vater ein Begriff.
Wenn das Hohelied ein Bild für Gott ist, steht dieser auf gleicher Ebene mit uns Menschen, der nach uns späht, Sehnsucht nach uns hat, in Beziehung zu uns treten will. „Gott schaut auch zu uns auf, er staunt, er freut sich“, sagte Schwester MariePasquale Reufer. Mit dem traditionellen Gottesbild als allmächtiger Vater, der alles weiß und sieht, ist dies schwer zu vereinbaren.
Der letzte Gesprächstermin der Bibelwoche ist am 14. März im evangelischen Gemeindehaus mit Pfarrer Paul Bräuchle. Morgen findet hierzu ein Kanzeltausch statt: In der Christuskirche predigt um 10 Uhr Diakon Johannes Jann, um 10.30 Uhr in der St. Johanneskirche Pfarrer Bräuchle. Am Mittwoch, 19. März, findet in der evangelischen Christuskirche ein Abschlussgottesdienst statt.