Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Rüstungsexporte in die Türkei trotz Syrienkrieg
Bundesregierung hat Lieferungen in Millionenhöhe an den Nato-Partner genehmigt
BERLIN (dpa) - Auch nach dem Einmarsch türkischer Truppen in Syrien hat die Bundesregierung Rüstungslieferungen in Millionenhöhe an den Nato-Partner Türkei genehmigt. Das geht aus einer Antwort des Wirtschaftsministeriums auf eine Anfrage des Grünen-Abgeordneten Omid Nouripour hervor. In den ersten fünfeinhalb Wochen der türkischen Operation „Olivenzweig“gegen die Kurdenmiliz YPG in Nordsyrien wurden danach 20 Exportgenehmigungen für deutsche Rüstungsgüter im Wert von 4,4 Millionen Euro erteilt.
Das ist sogar deutlich mehr als der Durchschnittswert des Vorjahres für einen solchen Zeitraum (14 Genehmigungen im Wert von 3,6 Millionen Euro). Um welche Art von Rüstungsgütern es sich handelt, ist unklar. Neben Waffen wie Gewehre, Panzer oder Raketen sind beispielsweise auch unbewaffnete militärische Fahrzeuge oder Aufklärungstechnik Rüstungsgüter.
Der am Mittwoch ausgeschiedene Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) hatte im Februar mehrfach versichert, dass seit Beginn der Syrien-Offensive ein kompletter Exportstopp für alle Rüstungsgüter in die Türkei gelte. „Wir haben keinerlei Rüstungsgüter geliefert wegen der Auseinandersetzung im Norden Syriens. Das ist in Deutschland verboten, selbst einem Nato-Partner wie der Türkei Rüstungsgüter zu liefern“, sagte er am 16. Februar, dem Tag der Freilassung des Journalisten Deniz Yücel aus türkischer Haft. Wirtschaftsstaatssekretär Matthias Machnig (SPD) schreibt aber in seiner Antwort vom 13. März, dass die Bundesregierung auch nach Beginn der türkischen Offensive „in Einzelfällen“Exportgenehmigungen erteilt habe. „Diese stehen entweder im Zusammenhang mit internationalen Rüstungskooperationen, in denen Deutschland an vertragliche Verpflichtungen gegenüber anderen EUund Nato-Partnern gebunden ist, oder sie dienen der Nato-Bündnisverteidigung.“Die Federführung bei Rüstungsexporten hat das Wirtschaftsministerium, das bisher von der SPD geführt wurde.
Die Opposition kritisierte die Rüstungslieferungen an die Türkei scharf. Linksfraktionschefin Sahra Wagenknecht nannte sie „völlig verantwortungslos“. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) mache sich „durch ihre Beihilfe für den türkischen Angriffskrieg mitschuldig an einem furchtbaren Verbrechen des türkischen Staatschefs Erdogan an den Kurden“, sagte sie. Der Grünen-Außenexperte Nouripour warf der Großen Koalition von Union und SPD ein Täuschungsmanöver vor. „Die Bundesregierung hat die Öffentlichkeit dreist und systematisch belogen“, sagte er.