Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Für Deutschland hat Jordanien eine große Bedeutung
Jordanien gilt als Insel der Stabilität mitten im Krisenherd Nahost. Ein kleines Königreich mit nicht einmal zehn Millionen Einwohnern, kaum Rohstoffen, wenig Industrie, einem winzigen Küstenstreifen und sehr viel Wüste. Wirtschaftlich hat das Land keine besondere Bedeutung für internationale Partnerschaften, strategisch dagegen eine umso größere. Deswegen wird das kleine Königreich auch von großen Ländern wie Deutschland als Verbündeter umworben.
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier war erst vor wenigen Wochen hier. Und der neue Außenminister Heiko Maas besucht das Land nun rund drei Wochen nach seiner Vereidigung. Für Deutschland hat Jordanien auch eine innenpolitsche Bedeutung. Das Land hat unterschiedlichen Angaben zufolge zwischen 650 000 und 1,2 Millionen syrische Flüchtlinge aufgenommen. Die deutsche Botschaft in der jordanischen Hauptstadt Amman ist Anlaufstelle für diejenigen von ihnen, die zu ihren Angehörigen nach Deutschland wollen. Einer Schätzung zufolge können sich 70 000 Syrer Hoffnungen machen.
Maas stellt sich Seehofer entgegen
Er wolle sich einen Eindruck davon verschaffen, wie das praktisch abläuft, erklärt Maas in der Visastelle der deutschen Botschaft. Es nutze ja nichts, „im fernen Berlin schöne Gesetze zu schreiben, die vor Ort dann nicht mehr praktizierbar sind“. Eine Spitze gegen seinen Kabinettskollegen Innenminister Horst Seehofer (CSU), der einen Gesetzentwurf vorgelegt hat, der den Koalitionsvertrag berührt. Bis zu 1000 Angehörige von Flüchtlingen mit eingeschränktem Schutz sollen danach nach Deutschland kommen dürfen. Die SPD wirft Seehofer vor, die Zahl drücken zu wollen. Einem solchen Entwurf werde man nicht zustimmen, sagt Maas.
Bei seinen Gesprächen mit dem Amtskollegen Ayman Safadi in Amman geht es aber nicht nur um die Flüchtlingsfrage und wie Deutschland das Land weiter unterstützen kann. Die Krisen in der Nachbarschaft prägen das Gespräch der beiden. Jordanien ist zwar ein sehr wichtiger, aber kein unproblematischer Partner in einer Region, in der die beiden Regionalmächte Saudi-Arabien und Iran miteinander konkurrieren.
Das Königreich versucht sich an das ölreiche Saudi-Arabien anzulehnen, ohne zum direkten Gegner Irans zu werden. So beteiligt sich das Land zwar in einer von Saudi-Arabien geführten Allianz am Krieg gegen die vom Iran unterstützten schiitischen Huthi-Rebellen – aber nicht an vorderster Front. Der Kampf wird vor allem von den Saudis und den Vereinigten Arabischen Emiraten geführt. Auf die Frage nach der jordanischen Beteiligung am Krieg sagt Safadi lediglich, „sie finde im Namen des Völkerrechts statt“.
Aus deutscher Sicht ist die militärische Beteiligung Jordaniens zur Kriegsallianz entscheidend für weitere Waffenlieferungen in das Partnerland. In ihrem Koalitionsvertrag haben Union und SPD vereinbart, dass keine Rüstungsgüter in Länder exportiert werden dürfen, die „unmittelbar“am Jemenkrieg beteiligt sind.
Für die Zusammenarbeit mit Jordanien spielt diese Frage eine große Rolle: Die Rüstungshilfe ist Bestandteil der Unterstützung für das Königreich. So wurden bereits 50 Schützenpanzer „Marder“aus Bundeswehrbeständen an Jordanien geliefert. Weitere Rüstungshilfe für das laufende Jahr ist bereits zugesagt. Safadi sagte, er rechne mit weiterer Unterstützung im Verteidigungsbereich. (dpa)