Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Viel Freude am Sonntagsläuten
Die Glocken auf den Türmen unserer Stadt und der umliegenden Dörfer läuten den Sonntag ein. Im ganzen Land ist das so. Gut so. Und Glocken klingen schön, finde ich. Manchmal hört man sie gar nicht mehr so bewusst, weil ihr Klang zu den bestimmten Läutezeiten so gewohnt ist.
Am Samstagnachmittag um 16 Uhr läuten sie alle zusammen. Sonntagsruhe soll allmählich einkehren.
Die Glocken rufen zum Gottesdienst. Im Gottesdienst kommt der Mensch zur Ruhe, findet ins Gebet, hört die Verkündigung von Gottes Wort, erhofft sich Trost, Ermutigung und Stärkung des Glaubens.
Die Glocken läuten und ihr Klang möge uns nachdenklich machen.
Der Klang unserer Glocken möge uns denken lassen an die vielen Kinder, die ohne Perspektive, ausreichende Nahrung und Bildungschancen aufwachsen. Die Glocken mögen läuten für alle, die der Hunger oder die Angst ums nackte Überleben in die Flucht treibt.
Es gibt immer noch so viele Orte auf der Welt, wo nicht die Glocken klingen, sondern die Sirenen heulen. Meine Mutter (Jahrgang 1919) hat oft erzählt: Wenn eine Feuerwehrsirene heulte, musste sie an die Sirenen von 1945 denken, die den nächsten Bombenangriff ankündigten.
Die Glocken mögen läuten für unsere Polizisten und Soldaten, die uns schützen und, wenn nötig, den Kopf für uns hinhalten. Sie mögen läuten für alle Lehrerinnen und Lehrer, Erzieherinnen und Erzieher, die einen enorm anspruchsvollen und wichtigen Job machen. Die Glocken mögen läuten, dass verblendete Fanatiker aus ihrem Wahn erwachen. Sie mögen läuten für Mitmenschen jüdischen Glaubens, dass sie unbehelligt ihren Glauben in unserem Land leben können. Dietrich Bonhoeffer hat einmal gesagt: „Wer nicht für die Juden schreit, darf nicht gregorianisch singen.“
Sie mögen läuten für die vielen Pflegekräfte in Kliniken und Pflegeheimen, die oft an der Grenze ihrer Kraft sind. Sie mögen läuten für alle, die politische und gesellschaftliche Verantwortung tragen. Man muss Kritik vertragen können, aber Wertschätzung ist allemal angebracht. Auch daran mögen uns die Glocken erinnern: Wer setzt sich für mich ein? Wer ist hilfreich und dankbar? An wen könnten Sie denken, wenn Sie die Glocken läuten hören? An den Das Sonntagsläuten kommenden Sonntagen läuten die Glocken auf den evangelischen Kirchtürmen für die Konfirmandinnen und Konfirmanden. In Bad Saulgau wird in der Christuskirche am 29. April und am 6. Mai Konfirmation gefeiert. Junge Menschen brauchen Zuversicht und Ermutigung, den Weg des Glaubens zu gehen und den Weg in eine Gesellschaft zu finden, in der man sich respektiert, sich nicht alleine lässt und aus dem christlichen Glauben heraus ein geschärftes Gewissen bekommt für das, was uns und die Gesellschaft trägt. Die Glocken läuten für Sie und mich. Ich höre sie gern. Sie regen meine Gedanken an und manchmal wird ein Gebet daraus.
Ich wünsche Ihnen einen gesegneten Sonntag und Freude am Sonntagsläuten.