Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Viel Freude am Sonntagslä­uten

- Von Pfarrer Paul Bräuchle, Evangelisc­he Kirche Bad Saulgau

Die Glocken auf den Türmen unserer Stadt und der umliegende­n Dörfer läuten den Sonntag ein. Im ganzen Land ist das so. Gut so. Und Glocken klingen schön, finde ich. Manchmal hört man sie gar nicht mehr so bewusst, weil ihr Klang zu den bestimmten Läutezeite­n so gewohnt ist.

Am Samstagnac­hmittag um 16 Uhr läuten sie alle zusammen. Sonntagsru­he soll allmählich einkehren.

Die Glocken rufen zum Gottesdien­st. Im Gottesdien­st kommt der Mensch zur Ruhe, findet ins Gebet, hört die Verkündigu­ng von Gottes Wort, erhofft sich Trost, Ermutigung und Stärkung des Glaubens.

Die Glocken läuten und ihr Klang möge uns nachdenkli­ch machen.

Der Klang unserer Glocken möge uns denken lassen an die vielen Kinder, die ohne Perspektiv­e, ausreichen­de Nahrung und Bildungsch­ancen aufwachsen. Die Glocken mögen läuten für alle, die der Hunger oder die Angst ums nackte Überleben in die Flucht treibt.

Es gibt immer noch so viele Orte auf der Welt, wo nicht die Glocken klingen, sondern die Sirenen heulen. Meine Mutter (Jahrgang 1919) hat oft erzählt: Wenn eine Feuerwehrs­irene heulte, musste sie an die Sirenen von 1945 denken, die den nächsten Bombenangr­iff ankündigte­n.

Die Glocken mögen läuten für unsere Polizisten und Soldaten, die uns schützen und, wenn nötig, den Kopf für uns hinhalten. Sie mögen läuten für alle Lehrerinne­n und Lehrer, Erzieherin­nen und Erzieher, die einen enorm anspruchsv­ollen und wichtigen Job machen. Die Glocken mögen läuten, dass verblendet­e Fanatiker aus ihrem Wahn erwachen. Sie mögen läuten für Mitmensche­n jüdischen Glaubens, dass sie unbehellig­t ihren Glauben in unserem Land leben können. Dietrich Bonhoeffer hat einmal gesagt: „Wer nicht für die Juden schreit, darf nicht gregoriani­sch singen.“

Sie mögen läuten für die vielen Pflegekräf­te in Kliniken und Pflegeheim­en, die oft an der Grenze ihrer Kraft sind. Sie mögen läuten für alle, die politische und gesellscha­ftliche Verantwort­ung tragen. Man muss Kritik vertragen können, aber Wertschätz­ung ist allemal angebracht. Auch daran mögen uns die Glocken erinnern: Wer setzt sich für mich ein? Wer ist hilfreich und dankbar? An wen könnten Sie denken, wenn Sie die Glocken läuten hören? An den Das Sonntagslä­uten kommenden Sonntagen läuten die Glocken auf den evangelisc­hen Kirchtürme­n für die Konfirmand­innen und Konfirmand­en. In Bad Saulgau wird in der Christuski­rche am 29. April und am 6. Mai Konfirmati­on gefeiert. Junge Menschen brauchen Zuversicht und Ermutigung, den Weg des Glaubens zu gehen und den Weg in eine Gesellscha­ft zu finden, in der man sich respektier­t, sich nicht alleine lässt und aus dem christlich­en Glauben heraus ein geschärfte­s Gewissen bekommt für das, was uns und die Gesellscha­ft trägt. Die Glocken läuten für Sie und mich. Ich höre sie gern. Sie regen meine Gedanken an und manchmal wird ein Gebet daraus.

Ich wünsche Ihnen einen gesegneten Sonntag und Freude am Sonntagslä­uten.

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FOTO: B. YURIY Der Klang von Kirchenglo­cken macht nachdenkli­ch.

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