Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Entscheidung zur Kommunalwahl 2019
Der Gemeinderat entscheidet am Donnerstag über die unechte Teilortswahl.
BAD SAULGAU - Nach welchem Verfahren wird Bad Saulgau bei der Kommunalwahl im kommenden Jahr die Gemeinderäte wählen? Diese Frage berät der Gemeinderat Bad Saulgau in öffentlicher Sitzung am Donnerstag. Es geht um die Abschaffung oder Beibehaltung der unechten Teilortswahl. Die Verwaltung gibt zu dieser Frage kein Votum in Form eines Beschlussvorschlags ab. Eine Abschaffung würde ein einfacheres Wahlverfahren und eine konstante Anzahl von Sitzen im Gemeinderat bedeuten. Befürworter einer Beibehaltung des bisherigen Verfahrens werden auf die angemessene Vertretung der Stadtteile im Gemeinderat verweisen. Zur Diskussion steht deshalb auch eine Zwischenlösung, eine Neueinteilung der Wohnbezirke. Eine Entscheidung in dieser Frage hat die SPD-Fraktion bei der diesjährigen Haushaltsberatung beantragt.
Was bedeutet die unechte Teilortswahl?
Bei der unechten Teilortswahl werden die Sitze im Gemeinderat nach Wohnbezirken vergeben. So ist sichergestellt, dass Stadtteile in etwa entsprechend ihrer Einwohnerzahl im Rat vertreten sind. Laut Hauptsatzung entfallen von den 24 Sitzen des Gemeinderats 16 auf die Kernstadt und acht auf die Stadtteile. Sechs der sieben Wohnbezirke haben jeweils einen Sitz im Gemeinderat, der Bezirk Bolstern/Haid hat zwei Sitze.
Was bedeutet der Zusatz „unecht“?
Unecht bedeutet, dass die Wähler nicht nur Kandidaten aus dem eigenen Wohnbezirk wählen, sondern bezirksübergreifend auch Kandidaten aus den anderen Wohnbezirken. Wähler aus den Stadtteilen entscheiden über die Gemeinderäte aus Bad Saulgau mit, Wähler der Kernstadt wählen auch die Kandidaten in den Stadtteilen.
Weshalb macht die unechte Teilortswahl den Gemeinderat tendenziell größer?
Durch die Zuteilung der Sitze auf Wohnbezirke kann es vorkommen, dass eine Liste mit Kandidaten aus den Ortsteilen überproportional stark vertreten ist. In Bad Saulgau werden bisher in den allermeisten Fällen in den Stadtteilen Kandidaten der CDU gewählt. Würde man es bei 24 Sitzen belassen, würde die Sitzverteilung nicht dem Ergebnis in der Gesamtstadt entsprechen. Um den Proporz wieder herzustellen, bekommen die anderen Listen Ausgleichsmandate zugeteilt. So kommt es, dass in den früheren Perioden mal 29, mal 30 Vertreter im Gemeinderat saßen. Derzeit gibt es 28 Sitze. Ein Sitz ist aber wegen Erkrankung unbesetzt. Er konnte nicht nachbesetzt werden.
Weshalb ist das Wahlverfahren der unechten Teilortswahl komplizierter?
Bei der Unechten Teilortswahl müssen die Wähler ihre Stimmen auf die verschiedenen Wohnbezirke aufteilen. Außerdem, so sagen die Kritiker, ist die Wahl rein nach persönlicher Neigung und ohne Rücksicht auf den Wohnbezirk nicht möglich.
Welche Befürchtungen gibt es wegen der Abschaffung der Unechten Teilortswahl?
Bei einer Abschaffung wäre nicht mehr von vornherein sichergestellt, dass die Gemeinderatssitze entsprechend der Einwohnerzahl im ganzen Stadtgebiet verteilt sind. Die unechte Teilortswahl habe das Zusammenwachsen der Gemeindeteile nach der Gemeindegebietsreform in den 70erJahren gefördert, so die Befürworter.
Was sagen die Befürworter einer Abschaffung dazu?
Sie sind der Meinung, dass eine Integration der Gemeindeteile besser ohne unechte Teilortswahl erreicht werden könne. Außerdem seien alle Gemeinderäte dem Wohl der Gesamtstadt verpflichtet.
Hat ein geändertes Wahlverfahren Auswirkungen auf bestehende Ortsverwaltungen?
Nein. Es geht rein um das Wahlverfahren bei der Kommunalwahl. Die bestehenden Ortsverwaltungen und Einteilung der Ortschaften haben damit nichts zu tun.
Welche weiteren Möglichkeiten gibt es, falls sich der Gemeinderat für eine Beibehaltung der unechten Teilortswahl entscheidet?
Möglich wäre auch eine Reduzierung der Wohnbezirke. Auch so ließe sich die Zahl der Gemeinderatssitze reduzieren. Allerdings bliebe das komplizierte Wahlverfahren erhalten.
Wie wird das Wahlverfahren geändert?
Sowohl für ein geändertes Wahlverfahren als auch für eine Änderung der Wohnbezirke müsste die Hauptsatzung geändert werden. Dazu ist die Mehrheit aller Mitglieder des Gemeinderats notwendig. Die Ortschaftsräte wären anzuhören.