Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Junge Zuwanderer bei der Ausbildung nicht im Regen stehen lassen
Baden-Württembergs Sozialminister Lucha: Arbeit ist der Integrationsmotor schlechthin – Entschließungsantrag im Bundesrat
BERLIN - Macht das Sinn? Einen arbeitswilligen Lehrling oder einen wissbegierigen Studenten nach 15 Monaten Förderung mittellos da stehen zu lassen? Baden-Württembergs Soziaminister Manfred Lucha (Grüne) meint: Nein. „Wir wollen zugewanderte Menschen dazu motivieren, sich in unser Land zu integrieren“, sagte Lucha im Bundesrat, deshalb müsse man die Förderlücke schließen.
Das Land Baden-Württemberg hat einen entsprechenden Entschließungsantrag in den Bundesrat eingebracht, der jetzt in den Ausschüssen beraten werden soll. Die Länder hätten die Bundesregierung bereits mehrfach auf das Problem hingewiesen und gefordert, Ausbildung und Studium nicht durch das Leistungsrecht zu verhindern oder zu konterkarieren, so Lucha. Bislang ohne Erfolg. Nach 15 Monaten Förderung können Gestattete oder Geduldete in die Lücke tappen. Sie erhalten dann überhaupt keine Leistungen mehr und können nicht weiter arbeiten oder studieren. „In Baden-Württemberg haben wir die Erfahrung gemacht: Ausbildung und Arbeit sind der Integrationsmotor schlechthin“, so Lucha. Ein „großes Hemmnis für Ausbildungsplätze“sieht auch Volker Ratzmann, der Beauftragte des Landes beim Bund, in der Regelung. Auch aus der Wirtschaft gibt es Kritik an zu starren Vorschriften bei Ausbildung von Flüchtlingen.
„Nach der derzeitigen Rechtslage kann es zu der absurden Situation kommen, dass sich ein ausbildungswilliger junger Mensch schlechter stellt, wenn er eine Ausbildung oder eine Studium aufnimmt, als wenn er es sein lässt“, so Lucha.
Paragraph 219 auch im Bundesrat
Außerdem diskutierte der Bundesrat über den umstrittenen Paragraph 219 a, das sogenannte Werbeverbot für Abtreibungen. Die SPD im Bund würde am liebsten den Paragraphen ganz wegfallen lassen, die Union hält daran fest. CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt hat erklärt, der 219 a sei Teil eines Gesamtkompromisses zum Paragraph 218 gewesen, man solle wegen des einen Falles, einer Gießener Ärztin, die wegen unerlaubter Werbung auf ihrer Internetseite zu 6000 Euro Geldstrafe verurteilt wurde, nicht das Gesamtpaket infrage stellen. Die Informationsfreiheit sei trotzdem gewährleistet.
Auch im Bundesrat gingen die Meinungen auseinander. Bayerns Justizminister Winfried Bausback meint, der Paragraph sei das Ergebnis eines harten Ringens gewesen. Wer die Aufhebung fordere, lege „die Axt an die Wurzel des hart errungenen Kompromisses“, Die Länder Berlin, Hamburg, Thüringen, Brandenburg und Bremen fordern dagegen die Abschaffung. Sie meinen, Ärzte dürften nicht dafür bestraft werden, dass sie ihrer Aufklärungspflicht nachkommen. Der Bundesrat hat jedoch nicht entschieden, sondern den Antrag in die Ausschüsse verwiesen. Auch in der Großen Koalition wird derzeit noch beraten, wie es weitergehen soll.
Laster-Initiativen
In einer weiteren Initiative setzen sich die Länder für Abbiegeassistenten für Lastwagen ein. Sie könnten 60 Prozent der Unfälle mit Fahrradfahrern vermeiden, so Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke. Außerdem solle das dauerhafte Abschalten von Notbremsinstrumenten verhindert werden. „Wir haben die Technik, Unfälle zu verhindern, wir müssen sie nur nutzen“, sagt auch Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl (CDU).