Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Schutzschild der Kiesfirmen ist das OMK-Kartell
Kiesfirmen arbeiten unter einer Dachfirma zusammen – Kartellamt billigt die Kooperation
SIGMARINGEN - Die Schaltzentrale der oberschwäbischen Kiesunternehmen befindet sich in einem Gebäude an der Ostracher Hauptstraße. OMK GmbH & Co. KG steht am Klingelschild. Neun Firmen mit zwölf Werken gehören zur Oberschwäbischen Moräne Kies, kurz OMK. Die Behörden genehmigten das Kartell Anfang der Jahrtausendwende. Im Kreis Sigmaringen beherrschen die Kieser der OMK den Markt.
Wer den dunklen Gang in die zweite Etage hinaufgeht, erreicht die Herzkammer des oberschwäbischen Kiesabbaus. Repräsentativ sind die Büroräume nicht, eher unscheinbar. Man merkt, dass sich die OMK nicht in den Vordergrund drängen möchte. Im Besprechungsraum lagern Kartons mit Briefbögen: Einmal steht OMK drauf, einen anderen Karton ziert das Logo von Baresel, einer Firma, die sich dem Kieskartell angeschlossen hat.
Die neun Firmen unter dem Dach der OMK treten alle selbstständig am Markt auf. Unter ihrem Firmennamen fördern und verkaufen sie Kies und Sand. Auf den ersten Blick deutet wenig auf eine Zusammenarbeit hin. Kleine Kunden bekommen die OMK-Geschäftsführer nicht zu Gesicht, sie wickeln ihre Aufträge direkt mit den Firmen ab. Wenn es jedoch um Großprojekte wie den Albabstiegstunnel in Ulm oder den Thyssen-Testturm in Rottweil geht, bahnt die OMK Geschäfte an. Sie lotst die Familienbetriebe ins große Baugeschäft. „Wenn unser Kartell verboten wäre, hätten einzelne Firmen hier nie eine Chance“, sagt Thomas Rühl, einer der beiden OMK-Geschäftsführer. Zusammen mit Klaus Rinderspacher, der grauen Eminenz der Kieser in Oberschwaben, steht er an der Spitze der OMK.
Zwei Geschäftsführer, ein Prokurist und zwei Bürokräfte – die OMK braucht nicht mehr Personal, weil Aufgaben ausgelagert sind: Das Labor zur Qualitätskontrolle übernimmt das Kieswerk Müller. Rechnungen schreiben und den Zahlungseingang überwachen, das ist die Aufgabe der selbstständigen Firma Moräne Kies mit Sitz in Hechingen, die Kiesmanager Rinderspacher kürzlich an seinen Prokuristen Thorsten Schneider verkauft hat.
Die Frage, die sich Kunden stellen: Gibt es unerlaubte Preisabsprachen unter den oberschwäbischen Kiesern? Dem Bundeskartellamt sind keine Verstöße bekannt, ergibt eine Anfrage bei Pressesprecher Kay Weidner. Seit einigen Jahren ist es Aufgabe der Kartelle selbst, eine Einschätzung abzugeben, ob sich die Kooperationen im Rahmen des Erlaubten bewegen. Die OMK beauftragt mit dieser Arbeit alle paar Jahre einen Kartellanwalt.
Besonders groß ist der Marktanteil der OMK-Kieser im Kreis Sigmaringen. Bis auf wenige Ausnahmen – die Firmen Beller (Herbertingen) und Bechinger (Ostrach) – sind die Werke unter das Dach der OMK geschlüpft. Nach dem Marktanteil im Kreis gefragt, reagiert Geschäftsführer Rinderspacher mit Zurückhaltung: „Wir liegen eher über 50 als unter 50 Prozent.“Maßgeblich für das Kartellamt ist ein Marktanteil von 15 Prozent, der nicht überschritten werden soll. Wie passt das zusammen? Da das Geschäftsgebiet über den Landkreis Sigmaringen hinausgeht, relativieren sich die Zahlen des Landkreises. Alle OMK-Gesellschafter zusammen verkaufen jährlich etwa drei Millionen Tonnen Rohstoffe und erwirtschaften damit einen Umsatz in Höhe von rund 30 Millionen Euro. Angekommen bei der entscheidenden Frage, ob es durch die OMKDominanz Wettbewerb im Kiesgeschäft gibt, antwortet Rinderspacher ohne Zögern recht deutlich: „Wir können uns nicht erlauben, nach dem Prinzip Vogel friss oder stirb zu arbeiten. Bevor der Vogel stirbt, kauft er woanders.“Soll heißen: Die OMK-Kieser dominieren das Geschäft, aber sie haben kein Monopol.
Die Preisbildung
Ist es wirklich so? Der Gesellschafter eines Straßenbauunternehmens aus der Region hat nicht den Eindruck, dass die Kieser durch Absprachen die Preise hochhalten. „Wir können als Kunde gut verhandeln.“Sein Kollege eines Hochbauunternehmens aus einer Umlandgemeinde Sigmaringens sieht es ähnlich: „Wir kriegen die Preise so verhandelt, dass sie passen.“Offenbar gibt es keine Preisabsprachen. Dafür bearbeiten die Kieser die Märkte auf andere Weise: Wenn eine Firma auf einem Markt oder in einer Region besonders aktiv ist, halten sich die anderen dort zurück. Das Besondere an den Verflechtungen der Kieser ist: Auf der einen Seite sind sie Konkurrenten, auf der anderen Seite Geschäftspartner. Wenn neue Abbaugebiete erschlossen werden, arbeiten Kieser zusammen oder müssen zusammenarbeiten. Der Geschäftsführer von Martin Baur in Binzwangen, Bernd Kempter, sagt: „Wir können es uns manchmal gar nicht aussuchen“, und meint damit die sich anbahnende Kooperation mit Valet & Ott in Göggingen.
Als die frühere Firma Rudolf Mayer in Jettkofen den Rohstoffbereich verkaufte, sicherte sich ein Quartett die Gesellschafteranteile: Es entstand die Kiesbaggerei Weimar, die zu den größten Anbietern im Kreis gehört. Drei der vier Weimar-Gesellschafter – Müller, Valet & Ott und die Betonwerke Pfullendorf – treten am hiesigen Markt wiederum als selbstständige Anbieter auf und sollen der Kiesbaggerei Weimar Konkurrenz machen.
Warum es zum Zusammenschluss kam, erklärt Walter Offinger, einer der drei Weimar-Geschäftsführer: „Alle vier Firmen waren schon im Waldgebiet Wagenhart aktiv. Die Zusammenarbeit in einer gemeinsamen Firma bot sich an, weil sich Genehmigungen leichter darstellen lassen.“Oder um es in der Sprache der Kieser zu sagen: Wenn die eine Firma gerade nicht kann, springt die andere ein. Aber nur, wenn sie zum OMKGeflecht gehört.