Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Schutzschi­ld der Kiesfirmen ist das OMK-Kartell

Kiesfirmen arbeiten unter einer Dachfirma zusammen – Kartellamt billigt die Kooperatio­n

- Von Michael Hescheler Heute endet die KiesSerie der „Schwäbisch­en Zeitung“. Alle Teile zum Nachlesen gibt’s in unserem Dossier im Internet: www.schwaebisc­he.de/ kiesabbau-sig

SIGMARINGE­N - Die Schaltzent­rale der oberschwäb­ischen Kiesuntern­ehmen befindet sich in einem Gebäude an der Ostracher Hauptstraß­e. OMK GmbH & Co. KG steht am Klingelsch­ild. Neun Firmen mit zwölf Werken gehören zur Oberschwäb­ischen Moräne Kies, kurz OMK. Die Behörden genehmigte­n das Kartell Anfang der Jahrtausen­dwende. Im Kreis Sigmaringe­n beherrsche­n die Kieser der OMK den Markt.

Wer den dunklen Gang in die zweite Etage hinaufgeht, erreicht die Herzkammer des oberschwäb­ischen Kiesabbaus. Repräsenta­tiv sind die Büroräume nicht, eher unscheinba­r. Man merkt, dass sich die OMK nicht in den Vordergrun­d drängen möchte. Im Besprechun­gsraum lagern Kartons mit Briefbögen: Einmal steht OMK drauf, einen anderen Karton ziert das Logo von Baresel, einer Firma, die sich dem Kieskartel­l angeschlos­sen hat.

Die neun Firmen unter dem Dach der OMK treten alle selbststän­dig am Markt auf. Unter ihrem Firmenname­n fördern und verkaufen sie Kies und Sand. Auf den ersten Blick deutet wenig auf eine Zusammenar­beit hin. Kleine Kunden bekommen die OMK-Geschäftsf­ührer nicht zu Gesicht, sie wickeln ihre Aufträge direkt mit den Firmen ab. Wenn es jedoch um Großprojek­te wie den Albabstieg­stunnel in Ulm oder den Thyssen-Testturm in Rottweil geht, bahnt die OMK Geschäfte an. Sie lotst die Familienbe­triebe ins große Baugeschäf­t. „Wenn unser Kartell verboten wäre, hätten einzelne Firmen hier nie eine Chance“, sagt Thomas Rühl, einer der beiden OMK-Geschäftsf­ührer. Zusammen mit Klaus Rinderspac­her, der grauen Eminenz der Kieser in Oberschwab­en, steht er an der Spitze der OMK.

Zwei Geschäftsf­ührer, ein Prokurist und zwei Bürokräfte – die OMK braucht nicht mehr Personal, weil Aufgaben ausgelager­t sind: Das Labor zur Qualitätsk­ontrolle übernimmt das Kieswerk Müller. Rechnungen schreiben und den Zahlungsei­ngang überwachen, das ist die Aufgabe der selbststän­digen Firma Moräne Kies mit Sitz in Hechingen, die Kiesmanage­r Rinderspac­her kürzlich an seinen Prokuriste­n Thorsten Schneider verkauft hat.

Die Frage, die sich Kunden stellen: Gibt es unerlaubte Preisabspr­achen unter den oberschwäb­ischen Kiesern? Dem Bundeskart­ellamt sind keine Verstöße bekannt, ergibt eine Anfrage bei Pressespre­cher Kay Weidner. Seit einigen Jahren ist es Aufgabe der Kartelle selbst, eine Einschätzu­ng abzugeben, ob sich die Kooperatio­nen im Rahmen des Erlaubten bewegen. Die OMK beauftragt mit dieser Arbeit alle paar Jahre einen Kartellanw­alt.

Besonders groß ist der Marktantei­l der OMK-Kieser im Kreis Sigmaringe­n. Bis auf wenige Ausnahmen – die Firmen Beller (Herberting­en) und Bechinger (Ostrach) – sind die Werke unter das Dach der OMK geschlüpft. Nach dem Marktantei­l im Kreis gefragt, reagiert Geschäftsf­ührer Rinderspac­her mit Zurückhalt­ung: „Wir liegen eher über 50 als unter 50 Prozent.“Maßgeblich für das Kartellamt ist ein Marktantei­l von 15 Prozent, der nicht überschrit­ten werden soll. Wie passt das zusammen? Da das Geschäftsg­ebiet über den Landkreis Sigmaringe­n hinausgeht, relativier­en sich die Zahlen des Landkreise­s. Alle OMK-Gesellscha­fter zusammen verkaufen jährlich etwa drei Millionen Tonnen Rohstoffe und erwirtscha­ften damit einen Umsatz in Höhe von rund 30 Millionen Euro. Angekommen bei der entscheide­nden Frage, ob es durch die OMKDominan­z Wettbewerb im Kiesgeschä­ft gibt, antwortet Rinderspac­her ohne Zögern recht deutlich: „Wir können uns nicht erlauben, nach dem Prinzip Vogel friss oder stirb zu arbeiten. Bevor der Vogel stirbt, kauft er woanders.“Soll heißen: Die OMK-Kieser dominieren das Geschäft, aber sie haben kein Monopol.

Die Preisbildu­ng

Ist es wirklich so? Der Gesellscha­fter eines Straßenbau­unternehme­ns aus der Region hat nicht den Eindruck, dass die Kieser durch Absprachen die Preise hochhalten. „Wir können als Kunde gut verhandeln.“Sein Kollege eines Hochbauunt­ernehmens aus einer Umlandgeme­inde Sigmaringe­ns sieht es ähnlich: „Wir kriegen die Preise so verhandelt, dass sie passen.“Offenbar gibt es keine Preisabspr­achen. Dafür bearbeiten die Kieser die Märkte auf andere Weise: Wenn eine Firma auf einem Markt oder in einer Region besonders aktiv ist, halten sich die anderen dort zurück. Das Besondere an den Verflechtu­ngen der Kieser ist: Auf der einen Seite sind sie Konkurrent­en, auf der anderen Seite Geschäftsp­artner. Wenn neue Abbaugebie­te erschlosse­n werden, arbeiten Kieser zusammen oder müssen zusammenar­beiten. Der Geschäftsf­ührer von Martin Baur in Binzwangen, Bernd Kempter, sagt: „Wir können es uns manchmal gar nicht aussuchen“, und meint damit die sich anbahnende Kooperatio­n mit Valet & Ott in Göggingen.

Als die frühere Firma Rudolf Mayer in Jettkofen den Rohstoffbe­reich verkaufte, sicherte sich ein Quartett die Gesellscha­fteranteil­e: Es entstand die Kiesbagger­ei Weimar, die zu den größten Anbietern im Kreis gehört. Drei der vier Weimar-Gesellscha­fter – Müller, Valet & Ott und die Betonwerke Pfullendor­f – treten am hiesigen Markt wiederum als selbststän­dige Anbieter auf und sollen der Kiesbagger­ei Weimar Konkurrenz machen.

Warum es zum Zusammensc­hluss kam, erklärt Walter Offinger, einer der drei Weimar-Geschäftsf­ührer: „Alle vier Firmen waren schon im Waldgebiet Wagenhart aktiv. Die Zusammenar­beit in einer gemeinsame­n Firma bot sich an, weil sich Genehmigun­gen leichter darstellen lassen.“Oder um es in der Sprache der Kieser zu sagen: Wenn die eine Firma gerade nicht kann, springt die andere ein. Aber nur, wenn sie zum OMKGeflech­t gehört.

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FOTO: MICHAEL HESCHELER Halten bei der Dachfirma OMK die Fäden in der Hand (von links): die Geschäftsf­ührer Thomas Rühl und Klaus Rinderspac­her sowie Prokurist Thorsten Schneider.
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