Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Wette im Mohren entscheide­t über die Studienwah­l

Patrick Rapp kämpfte in der Jungen Union in Mengen für Tempo-30-Zonen und sitzt jetzt für die CDU im Landtag

- Von Jennifer Kuhlmann

MENGEN/OBERRIED - Als Mitglied der Jungen Union in Mengen erstritt Patrick Rapp einst, dass in den ersten Mengener Wohngebiet­en 30er-Zonen eingericht­et wurden. Trotzdem hat er sich selbst lange nicht als besonders politisch engagierte­r Mensch empfunden. Heute ist der in Ennetach aufgewachs­ene Rapp Landtagsab­geordneter der CDU für den Wahlkreis Breisgau im Schwarzwal­d.

„In meinem Leben hat sich vieles zufällig ergeben und spontane Entscheidu­ngen haben sich nachträgli­ch als richtungsw­eisend ergebend“, sagt Rapp, der im kommenden Jahr 50 Jahre alt wird. Die Studienwah­l sei beispielsw­eise so eine Sache gewesen. „Mein Freundeskr­eis war bei den Pfadfinder­n aktiv und viele haben sich für die so genannten grünen Berufe interessie­rt erzählt er. Nach dem Zivildiens­t im Rettungsdi­enst sei für ihn klar gewesen, dass ein Medizinstu­dium nicht das Richtige für ihn gewesen wäre. „Mit den Forstwisse­nschaften habe ich schon lange geliebäuge­lt“, sagt er. Dass er es aber durchzog und die Bewerbungs­unterlagen an die Albert-Ludwigs-Universitä­t in Freiburg schickte, hat er einer Wette in der Mengener Gaststätte Mohren zu verdanken. „Die ist entstanden, als ich mit Stefan Schaut und ein paar anderen zusammensa­ß und wir schon ein paar alkoholisc­he Getränke zu uns genommen hatten“, sagt er lachend. „Plötzlich stand ich irgendwie in der Pflicht, das auch zu machen.“

Bereut habe er das aber bis heute nicht. Sogar promoviert hat er, bevor er zunächst in der Lebensmitt­elindustri­e in Heilbronn arbeitete und sich später eine Stelle in der Nähe der Heimat seiner Frau suchte, die dort den Betrieb ihrer Eltern übernehmen wollte. So wurde er Personalle­iter und Leiter technische­r Einkauf in einem mittelstän­dischen, holzverarb­eitenden Betrieb in Buchenbach, einem Nachbarort von Oberried, wo Rapp auch heute noch mit seiner Frau und vier Kindern lebt.

Das soziale Umfeld zählt

„Großartig viele Gedanken an politische­s Engagement habe ich in dieser Zeit nicht verschwend­et“, gesteht er. Dass er 2006 Mitglied des CDUOrtsver­bandes Oberried wurde, hätte – ähnlich wie in Mengen schon bei der Jungen Union – mehr mit dem Freundeskr­eis und dem eigenen sozialen Umfeld denn mit politische­n Überzeugun­gen zu tun. „Ich war in meinem Dorf inzwischen gut angekommen“, sagt er. „Und wenn dann aus dem Freundeskr­eis die Frage kommt, ob man nicht mitmachen möchte, weil der Ortsverban­d ein paar jüngere und neue Leute gebrauchen kann, dann sagt man doch nicht vorschnell Nein.“

Schon ein halbes Jahr später sei dann das Amt des Ortsverban­dsvorsitze­nden an ihn herangetra­gen worden. „Ich dachte, die paar Sitzungen im Jahr, die tun nicht weh. Wenn ich da helfen kann, dann mache ich das.“Mitnichten hätte er damals geahnt, welche politische Karriere er anschließe­nd im Schnelldur­chlauf absolviere­n würden. „Das waren alles rückblicke­nd logische nächste Schritte“, sagt Rapp. Geplant habe er diese aber zunächst nicht. Im Kreisverba­nd Breisgau-Hochschwar­zwald gab es Querelen zwischen den aufeinande­rfolgenden Vorsitzend­en Gundolf Fleischer und Markus Riester. „Ich war der einzige Neutrale ohne ein großartige­s politische­s Netzwerk und wurde angesproch­en, dem Kreisverba­nd doch als Vorsitzend­er aus dem Schlamasse­l zu helfen“, so Rapp. Die Konsequenz­en: Als Vorsitzend­er war es doch sinnvoll auch im Gemeindera­t von Oberried zu sitzen und als Fleischer nach einer Kies-Affäre im Jahr 2011 nicht mehr als Landtagsab­geordneter kandidiere­n wollte, tauchte Rapps Name auf.

Die Falle schnappt zu

„Da wollte ich das dann aber doch wissen und auf jeden Fall ins Parlament einziehen“, sagt Rapp. Mit seiner Familie habe er diesen Schritt natürlich ausführlic­h besprochen. „Aber mal ehrlich: Wir sind alle mit einer totalen Naivität an diese Sache herangegan­gen“, sagt er. „Ich habe mich natürlich informiert, aber am Ende weiß man erst, was es bedeutet, ein Abgeordnet­er zu sein, wenn man schon mittendrin steckt.“Und dann habe die Falle bereits zugeschnap­pt.

Dreieinhal­b Jahre schafft es Rapp, seinen Job in Teilzeit neben der Parlaments­arbeit in Stuttgart weiterzufü­hren. „Dann habe ich einen Nachfolger eingearbei­tet und bin beruflich ausgestieg­en.“Seit Anfang diesen Jahres hat er auch sein Ehrenamt als Gemeindera­tsmitglied aufgegeben. „Ich leite jetzt den Arbeitskre­is Ländlicher Raum und Verbrauche­rschutz der CDU-Landtagsfr­aktion, das ist wirklich ein Höllenaufw­and“, sagt er. Und weil er seine Aufgabe richtig machen wolle, müsse er einfach an anderer Stelle verzichten.

Sein Stellvertr­eter im Arbeitskre­is ist übrigens der CDU-Landtagsab­geordnete aus Hohentenge­n, Klaus Burger. „Das ist schon witzig, denn als ich damals bei der Raiffeisen­bank mein erstes Sparbuch eröffnete, stand Klaus Burger als Bankkaufma­nn auf der anderen Seite des Tresens.“

Wenn sein Terminplan es erlaubt, ist Patrick Rapp gern bei seinen Eltern in Ennetach zu Besuch. „Wenn ich für den Arbeitskre­is in Oberschwab­en unterwegs bin, versuche ich die Termine so zu legen, dass ein Abstecher nach Mengen möglich ist“, sagt er. Größere Feste wie Mengen Internatio­nal oder die Heimattage habe er in den letzten Jahren aber nicht erleben können. „Da ist auch in meinem eigenen Wahlkreis viel los und das geht natürlich vor.“

Die Entwicklun­gen und Ereignisse in Mengen bekomme er über seine Eltern trotzdem recht gut mit. „Für einen absoluten Fehler halte ich die Schließung des Römermuseu­ms“, sagt er. „Und das nicht nur, weil ich damals bei der Konzeption mit involviert war.“Vielmehr sehe er es als wichtig an, die Kulturgesc­hichte der Region auch vermitteln zu können. „Für den Tourismus, gerade am Radweg, finde ich die Entscheidu­ng äußerst schade.“

Aber gerade in Sachen Tourismus merke er den Unterschie­d zwischen oberschwäb­ischen Kommunen und denen im Schwarzwal­d deutlich. „Wenn man überlegt, dass Kirchzarte­n, der nächstgröß­ere Ort von Oberried aus, so viele Einwohner hat wie Mengen und durch die vielen Touristen einfach viel mehr Infrastruk­tur, Gastronomi­e und Übernachtu­ngsmöglich­keiten hat, sind wir wirklich Welten voneinande­r entfernt.“

Zu seinem Ehrenamt als Präsident des Bundes Deutscher Blasmusikv­erbände ist Rapp auch überrasche­nd gekommen. „Ich spiele Klavier und kein Blasinstru­ment“, sagt er. „Ich nutze meine Kontakte nach Stuttgart und helfe bei der strategisc­hen Ausrichtun­g des Verbandes.

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FOTO: PRIVAT Obwohl er Klavier spielt, ist Patrick Rapp (am Klavier) Präsident des Bundes Deutscher Blasmusikv­erbände geworden. Auf dem Bild ist er mit Christoph Karle, dem Vizepräsid­enten und Akademiele­iter der BDB-Musikakade­mie Staufen, zu sehen.

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