Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Wo Kressbronn am italienischsten isst
Die Welt da draußen ändert sich ja ständig, und mit ihr die Menschen. Waren früher wenigstens Restaurants noch Orte, an denen der Gast sicher war vor dem Gebimmel aufdringlicher Telefone, stiert heute jeder Zweite auch während der Mahlzeiten aufs Smartphone. Das Klingeltongewitter ist zur chaotischen Grundmelodie unseres Lebens geworden. Da tut es gut, dass im stets gut gefüllten Restaurant Da Nico in Kressbronn wenigstens das Essen die elektronischen Revolutionen überstanden hat, ohne sich zu verändern. Sprich: Es ist gut wie eh und je. Darum darf sich der Gast auch vertrauensvoll – selbst zur hektischen Mittagsstunde
– den Tagesempfehlungen der Küche überantworten. Dann wird er mit italienischer Hausmannskost belohnt, die den Tag zu verschönern vermag.
Fundament des genussreichen Hauses ist eine grundsolide Pizza, die bei beträchtlicher Größe immer im ausgewogenen Verhältnis knusprigen Bodens und saftigen Belags an den Tisch kommt. Der hocharomatische Teig scheint lange gehen zu dürfen, was seinen Geschmack hebt. Zu Spitzenzeiten fliegen die Pizzen nur so aus dem Steinofen, der kulinarischer Dreh- und Angelpunkt des Da Nico ist. Aber auch schon zur Vorspeise zeigt der Ofen, was er kann. Denn die knusprigen Brotstücke – die zum Beispiel auch zur grasgrünen Spinatsuppe, deren geschmacklicher Kern das Grüngemüse gar hübsch abbildet, während des Mittagstischs gereicht werden – entfalten in der Rolle des Begleiters eine rustikale Qualität.
Das Da Nico ist mit hellen Holzmöbeln versehen, die eine gewisse Gediegenheit vermitteln. Der angenehme Charme des Kellners passt sehr gut dazu, wobei er darauf achtet, Von Erich Nyffenegger dass seine Ciaos, Grazies oder Pregos keinen Gast überfordern, sondern dass jeder sich ein bisschen wie ein Italiener fühlen darf.
Bemerkenswert ist die große kulinarische Bandbreite, die bei der Lektüre der Speisekarte nie auch nur einen Moment der Langeweile aufkommen lässt. Da wären die einfachen Pastagerichte ebenso zu nennen wie die komplexeren Fleisch-, Fisch- und Meeresfrüchtespeisen. Saisonale Leckerbissen inklusive. Beim Mittagstisch zum Zeitpunkt dieser Aufzeichnungen ist es ein Rotbarsch auf mediterranem Gemüse, das Farbe auf den Teller und an den Gaumen bringt. Zwar könnte der Rotbarsch auch ein Seelachs gewesen sein, weil ihm die typische Färbung fehlt, doch egal welcher Fisch da auf einem kraftvoll abgerösteten Gemüseberg liegt: Er zeigt sich von schmackhafter Seite, nicht zuletzt aufgrund einer gewissen Schärfe.
Die Pizza Margherita der Tischgenossen offenbart auch in ihrer Schlichtheit die grundsätzliche Qualität, wobei ein anständiger Mozzarella anstelle der nichtssagenden Käsemischung das Niveau noch ein gutes Stückchen hätte heben können. Allerdings muss man vielen Italienern zugutehalten, dass der deutsche Gast auf seiner Pizza eher Gouda als Mozzarella erwartet.
Bei einem mit stabiler Crema versehenen Espresso lässt sich bilanzieren: Das Da Nico ist erste Wahl für eine schmackhafte Mittagspause. Mit der Abendkarte ist das Haus aber auch eine gute Adresse für ein komplettes Menü, das aus einer Vielfalt schöpfen kann, die nicht alltäglich ist.