Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Spekulationen über ausgebrannten Tesla
Tettnanger stirbt bei Bellinzona in seinem Wagen – Debatte um die Sicherheit der Batterien von Elektroautos
BELLINZONA (dpa) - Schweizer Feuerwehrleute haben die Diskussion um die Sicherheit der Batterien von Elektroautos mit einem brisanten Facebook-Text angeheizt. Bei einem tödlichen Unfall mit einem Tesla könnten die Akkus den Brand des Wagens beschleunigt haben, schrieb die Feuerwehr Bellinzona. Später zog die Feuerwehr ihren FacebookText zurück. Bei dem Unfall war am Donnerstag vergangener Woche ein 48-Jähriger aus Tettnang (Bodenseekreis) tödlich verunglückt.
RAVENSBURG - Beim kalifornischen Elektroautobauer Tesla häufen sich die tragischen Nachrichten. Jüngstes Beispiel: Am Donnerstag vergangener Woche ist ein 48-Jähriger Fahrer aus Tettnang (Bodenseekreis) nach einem Unfall in der Schweiz in seinem Elektroauto verbrannt.
Laut der Tessiner Kantonspolizei und dem italienischen Sender RSI war der Wagen vor dem Nordportal des Monte-Ceneri-Tunnels auf der Schweizer Autobahn A 2 zunächst mit der Leitplanke kollidiert, hatte sich anschließend überschlagen und dann Feuer gefangen. Der Fahrer habe nicht gerettet werden können.
Zunächst verwies die Feuerwehr im Kanton Tessin neben einem Foto mit meterhoher Brandsäule über dem Wrack auf Facebook auf den Lithium-Ionen-Akku des Autos. Eine chemische Reaktion mit dem Fachausdruck „thermisches Durchgehen“könne den Brand beschleunigt haben, hieß es da. Dabei entstehen schnell sehr hohe Temperaturen.
Tesla bedauerte den Unfall, bezeichnete die Äußerungen zu den Akkus aber als reine Spekulation.
Am Dienstagvormittag entfernte die Feuerwehr ihre ursprüngliche Facebook-Mitteilung dann. Stattdessen veröffentlichte sie ein Foto des Unfalls, auf dem kaum Flammen, aber viel Rauch zu sehen war. Tesla betonte, man müsse das Ergebnis des Untersuchungsberichts durch die Polizei abwarten. „Wir sind tief betrübt über den Unfall“, teilte ein Tesla-Sprecher mit. „Wir arbeiten daran, alle Fakten zu diesem Fall zusammenzutragen und arbeiten vollumfänglich mit den örtlichen Behörden zusammen.“Tesla konnte zunächst auch keine Angaben dazu machen, ob das Autopilot-Assistenzsystem zum Zeitpunkt des Unfalls eingeschaltet war.
Zwei Tage vor dem Unfall im Tessin sind im US-Bundesstaat Florida zwei Menschen in einem Tesla ums Leben gekommen, nachdem das Auto in Fort Lauderdale von der Straße abkam, gegen eine Mauer fuhr und in Flammen aufging. Die US-Verkehrssicherheitsbehörde National Transportation Safety Board (NTSB), die den Fall untersucht, konzentriert sich nach eigenen Angaben auf den Batteriebrand, der durch den Unfall ausgelöst worden sei.
Wie sicher sind die Batterien?
In den USA ist Tesla in mehrere Ermittlungen verstrickt, in denen Behörden wie der NTSB oder die für die Straßen- und Fahrzeugsicherheit verantwortliche National Highway Traffic Safety Administration (NHTSA) versuchen herauszufinden, ob entweder der von Tesla verwendete Autopilot oder die Batterietechnologie des Herstellers für die tödlichen Unfälle verantwortlich sind. Für Aufsehen sorgte ein Crash im kalifornischen Silicon Valley, bei dem das Wrack gelöscht wurde, die Batterien nach Angaben der Feuerwehr aber dreimal erneut Feuer fingen, zuletzt sechs Tage später.
Obwohl Tesla stets beteuert, vollumfänglich mit den Behörden zusammenzuarbeiten, gab es zuletzt erhebliche Dissonanzen. So hatte die NHTSA jüngst Behauptungen Teslas widersprochen, wonach das Autopilot-Assistenzsystem Unfälle signifikant vermeide. Tatsächlich, so die NHTSA, sei die Wirksamkeit des Systems nie getestet worden.
In Deutschland kam die Bundesanstalt für Straßenwesen (BAST) in einem Gutachten sogar zum Schluss, dass der Autopilot von Tesla eine „erhebliche Verkehrsgefährdung“darstelle. Das Kraftfahrt-Bundesamt forderte Tesla daraufhin auf, nicht mehr mit dem Begriff Autopilot zu werben.
Neben der zunehmenden Skepsis über die Marktreife der von Tesla verwendeten Technologien treffen das Unternehmen und seinen schillernden Chef Elon Musk auch von anderer Seite Negativschlagzeilen. So gelingt es Tesla nicht, die Produktion des Model 3 auf die angekündigten 5000 Einheiten pro Woche hochzufahren. Nach Problemen mit der Batterie musste Musk kürzlich eingestehen, zu aggressiv auf die Automatisierung der Fertigung gesetzt zu haben.
Darüber hinaus haben seit November 2017 mehr als zehn hochrangige Manager das Unternehmen verlassen – zuletzt kündigte Produktionschef Doug Fields eine längere Auszeit an. Inoffiziell wird für den Aderlass auch der despotische Führungsstil Musks verantwortlich gemacht. Vor diesem Hintergrund hatte Musk am Montagabend eine „grundlegende Umstrukturierung“des Unternehmens angekündigt. Dazu zähle vor allem eine flachere Hierarchie, hieß es in einem Brief des Firmenchefs an die Belegschaft. Zudem wolle Musk „rasch“Leute für die Produktion einstellen.