Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Die Kanzacher Orgel – ein klingendes Juwel
Volker Braig stellt die renovierte Orgel in der Pfarrkirche Kanzach als vielstimmige Kostbarkeit vor – Warme, helle Klänge
KANZACH - Nach einem speziellen, aufwendigen Verfahren ertönt die renovierte Orgel der Pfarrkirche Kanzach nun mit neuem festlichen Klang. Besonders die neu eingebaute Trompete französischer Bauart verleiht dem Instrument Glanz im solistischen und Fülle im orchestral klangvollen Bereich. Volker Braig stellte das klingende Juwel in einer vielseitigen Orgelandacht vor.
„In einem festlichen Gottesdienst am Sonntagmorgen haben wir die renovierte Orgel in den Dienst der Liturgie gestellt“, betonte Pater Karl König zu Beginn der gut besuchten Orgelandacht. Im Bereich der theologischen Dimension bezeichnete er Johann Sebastian Bach als fünften Evangelisten. „Sein nun von Volker Braig vorgestelltes Werk als Toccata, Adagio und Fuge kann wohl ohne weiteres als musikalischer Ausdruck der göttlichen Dreifaltigkeit gedeutet werden.“
Mit warmen, hell klingenden und sonoren Klängen bot Volker Braig den Einstieg in eine C-Dur-Toccata. Einzelne Register, die faszinierende neue Trompete eingeschlossen, vereinten sich in ihrer klanglichen Vielseitigkeit nach bestechenden solistischen Passagen über äußerst beweglichen Pedalsequenzen zu strahlendem Wohlklang. Zart und das Innerste berührend, gestaltete sich das getragen interpretierte Adagio, tonlich und temporal flott voran- schreitend die Fuge. Hier beherrschten aufs Neue die hellen, klaren Register das vielseitige Gefüge, sodass durch Braigs Orgelkunst das Eingangsthema im weiteren Verlauf der Fuge mühelos verfolgt werden konnte.
Eine Orgel mit der Vielfalt ihrer Register, gelte, so Pater König als Moderator, auch als Spiegelbild einer Gemeinde mit den unterschied- lichsten Charakteren ihrer Bürger. So ist die Ciaconna von Johann Bernhard Bach eine Summe von Variationen über eine gleichbleibende Folge von Harmonien.
Braig entwickelte daraus durch seine Kunst des Registrierens ein differenziertes Klangbild mit beschaulichen, dezenten, tänzerischen und akkordlich betonten Strukturen. Auf dem Gang durch vier Jahrhunderte Musikgeschichte bildete eine Sonate von Felix Mendelssohn-Bartholdy das Brückenglied zwischen ganz verschiedenen Stilen der Musik. Mit einem in sich geschlossenen Klang begann das Grave als Prolog zu der vierteiligen c-Moll-Sonate.
Das leichte Tremolo, das auch auch im Adagio fortgeführt wurde, weitete sich zu strahlenden Passagen eines Allegro maestoso. Rhythmi- sche Prägnanz und klangliche Klarheit blieben bestimmend bis zum effektvollen Schlussakkord. An ihn schloss sich eine recht melodiöse Fuga an. Zu einem abendlichen Segensgebet passend, folgte eine Berceuse von Louis Vierne mit deutlichen Hinweisen auf die ums Jahr 1900 bereits modernere Sprache der Musik. Durch die zurückhaltende Registrierweise des Organisten boten jedoch auch diese Klänge die Umsetzung des priesterlichen individuellen und meditativen Gedankenguts.
Aufwühlende Passagen
„In Incantation pour un Jour Saint“von Jean Langlais aus dem Ende des 20. Jahrhunderts werde die Osternacht mit dem Lumen Christi, die Allerheiligenlitanei und die Kraft der Auferstehung in Tönen erfahrbar, so Pater König. Enggeführte, aufwühlende Passagen, verbunden mit klanglicher Vielfalt in lieblichen Intermezzi weisen den Weg zu beruhigenden Sequenzen. Doch abrupt werden sie von Themen unterbrochen, die an die Trompeten von Jericho erinnern. Ihre klangliche Intensität wird fortgeführt in virtuosen Passagen voll bestechender Eindringlichkeit.
Die drei Rufe, dem „Lumen Christi“nachempfunden, steigern sich zu majestätischer Freude. Reicher Beifall der vielen Zuhörer lohnte die Orgelkunst Braigs und zeigte zugleich das Interesse am neuen Klang der Kanzacher Orgel.