Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Vor genau 80 Jahren bedroht der Kartoffelkäfer die Ernährung
Mit Sichtkästen suchen Schüler nach dem schwarz-gelb gestreiften Schädling
OSTRACH - SOS-Rufe hat man vor genau 80 Jahren aus der Landwirtschaft vernommen. Der Kartoffelkäfer war, vom Westen kommend, im Anmarsch und bedrohte die Ernährungssicherheit des deutschen Volkes. Da schlugen die Alarmglocken bei den Behörden, auf den Rathäusern, in den Schulen und in jeder Familie.
Die Heimat sei bedroht, die Gefahr furchtbar, hieß es im „VERBOSaulgauer Zeitung“. Diese berichtete, dass Schulkinder auf einem Felde in der Gemeinde Sigmaringendorf auf der Markung Lauchertal einen lebenden Käfer entdeckt hatten, der von der Kartoffelkäferabwehrdienststelle einwandfrei als Kartoffelkäfer festgestellt wurde. Die eingerichteten Suchdienste, hauptsächlich die Dorfschulen, bekamen sieben auf zehn Zentimeter große Sichtkästchen mit Abbildungen der Käfergeneration von den Eiern über Larve und Puppe bis zum ausgewachsenen Schädling.
Von Verheerungen ist die Rede
Die Zeitung berichtete am 21. Juli 1938 von „nicht wieder gut zu machenden Verheerungen der Kartoffelfelder in Frankreich“. Das kann auch heute noch der Schreiber dieser Zeilen bestätigen, der im Jahre 1942 im Rahmen seiner militärischen Ausbildung in Orleans bei Ausfahrten die Schadbilder erlebte. War ein Kartoffelfeld befallen, war tags darauf das Kartoffelkraut gefressen. Übrig blieben die Stengel. Am bitteren Geruch in der Luft konnte man bereits aus weiterer Entfernung den Befall feststellen.
Funde müssen gemeldet werden
Anno 1938 wurde von den Behörden auf den Schaden eines einzigen Käfers mit 31 Millionen Nachkommen hingewiesen, was die Volksernährung gefährde. Eventuelle Funde waren sofort dem Bürgermeister oder der Ortspolizeibehörde zu melden. Über Bekämpfungsmaßnahmen entschied der Abwehrdienst. Das NSRegime behauptete, Kartoffelkäfer seien von amerikanischen Flugzeugen abgeworfen worden. Der schwarz-gelb gestreifte Schädling tritt auch heute noch auf und wird biologisch oder chemisch bekämpft.