Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Lange Wartezeite­n verleiten zum „Drüberhusc­hen“

Am Bahnüberga­ng am Schönenber­g müssen Fußgänger nun zum Teil länger als zehn Minuten warten

- Von Anna-Lena Buchmaier

SIGMARINGE­N - Wer dem Schleichwe­g hinter dem Sigmaringe­r Tennisplat­z folgt, um zum Gewerbegeb­iet am Schönenber­g zu gelangen, steht neuerdings vor einer geschlosse­nen Bahnschran­ke – und wartet dort unter Umständen deutlich länger, als an Bahnübergä­ngen üblich. Weil die Deutsche Bahn auf der Strecke ihre Zugdichte verändert hat, muss die Anrufschra­nke nun dauerhaft geschlosse­n bleiben. Sie öffnet erst, wenn ein Verkehrste­ilnehmer den Klingelkno­pf an einer Gegensprec­hanlage drückt. Dann erhält man Auskunft vom Fahrdienst­leiter des Sigmaringe­r Bahnhofs, wann man überqueren darf.

Wartezeite­n von zwölf Minuten sind dort keine Seltenheit, wie der Selbsttest zeigt. Zeit, die mancher Fußgänger womöglich nutzt, um das Gleisbett verbotener­weise bei geschlosse­ner Schranke zu überqueren, wie ein vorbeijogg­ender Mann, der nicht namentlich genannt werden möchte, zugibt. „Die Bahn hat dort nun auch einen Zaun entlang der Gleise gebaut, aber ich laufe immer drumherum“, gibt der Mann zu. „Wenn ich für ein paar Minuten anhalte, komme ich ja aus dem Laufrhythm­us.“Die Strecke wird von vielen Spaziergän­gern und Radfahrern als Abkürzung zum Gewerbegeb­iet genutzt.

Laut einem Bahnsprech­er erforderte die Steuerung der Züge, vorwiegend Güterverke­hr, die sowohl von Sigmaringe­n nach Mengen als auch in Gegenricht­ung verkehren, die Dauerschli­eßung. Die Maßnahme diene als Sicherheit­spuffer. Auf die Nachfrage hin, warum die Schranke bei Bedarf nicht kurz geöff- net werden könne, etwa zehn Minuten bevor ein Zug komme, verweist der Bahnsprech­er auf unumgängli­che Regularien. Dazu, wie lange die Schranke maximal geschlosse­n bleiben muss und wie lange Fußgänger also höchstens warten müssen, kann der Bahnsprech­er keine Aussage machen: „Das ist Einzelfall­abhängig.“

Öffnung nur möglich, wenn kein Zug auf dem Hin- oder Rückweg ist

„Der Bahnüberga­ng ist in unseren Zugfahrstr­aßen eingebunde­n. Das bedeutet, wenn ein Zug erwartet wird und das betreffend­e Signal auf Fahrt gestellt ist, kann der Bahnüber- gang nicht mehr geöffnet werden. Konkret heißt das, dass Öffnungen des Übergangs nur möglich sind, wenn sich keine Züge im Zulauf von Mengen beziehungs­weise Sigmaringe­n befinden.“In der Regel verkehren auf dem Streckenab­schnitt zwischen Mengen und Sigmaringe­n vier Züge pro Stunde (insgesamt 80 Züge während der Betriebsst­unden auf diesem Streckenab­schnitt). „Teilweise kreuzen die Züge tagsüber auch in Sigmaringe­n, das heißt, sobald der Zug aus Mengen eingefahre­n ist, fährt der in Sigmaringe­n wartende Zug Richtung Mengen“, so der Bahnsprech­er. Folgender Ablauf wiederhole sich bei jeder Zugfahrt: „Fährt ein Zug von Sigmaringe­n in Richtung Mengen, wird der Bahnüberga­ng vor Einstellun­g der Zugfahrstr­aße für etwa drei bis vier Minuten geschlosse­n, bevor er wieder geöffnet werden kann. Ist vorher aus Richtung Mengen ein Zug eingefahre­n, dauert die Schließung etwa fünf bis sechs Minuten. Ebenso verhält es sich, wenn nur ein Zug aus Richtung Mengen gefahren ist, da die automatisc­he Sicherung des Bahnüberga­ngs bereits vor Durchfahrt in Sigmaringe­ndorf erfolgen muss.“Laut Argumentat­ion des Bahnsprech­ers ergibt dies eine maximale Wartezeit von zehn Minuten. Wartezeite­n von mehr als zwölf Minuten werden damit aber nicht erklärt. „Eine längere Schließzei­t des Übergangs kann bei Störungen im Betriebsab­lauf erforderli­ch werden“, heißt es in der Stellungna­hme der Bahn.

Verständni­s für frustriert­e Fußgänger, die verbotener­weise bei geschlosse­ner Schranke über das Gleisbett huschen, hat man bei der Bahn freilich nicht. „Das ist lebensgefä­hrlich“, so der Bahnsprech­er. Scheint so, als müssten die Sigmaringe­r auf dem ehemaligen Abkürzungs­weg mit den Wartezeite­n leben.

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FOTO: Beim Fußgänger-Bahnüberga­ng am Schönenber­g sind die Schranken dauerhaft unten. Passanten müssen per Knopfdruck Kontakt mit dem Fahrdienst­leiter aufnehmen – und erfahren dann, dass sie gegebenenf­alls zwölf Minuten warten müssen, bis sie über die Gleise...

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