Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Minister: Senioren-WGs sind Erfolgsmodell
Lucha weist Kritik an Regeln für Pflege-Wohngruppen in Baden-Württemberg zurück
STUTTGART - Das Land will Senioren-Wohngruppen fördern, doch FDP und Verbände halten die Bemühungen für unzureichend. Diese Vorwürfe hat Sozialminister Manfred Lucha (Grüne) am Mittwoch entschieden zurückgewiesen: „Die ambulant betreuten Wohngemeinschaften sind ein Erfolgsmodell.“
Mehrere Menschen leben in einer Wohngemeinschaft, entscheiden allein oder mit Angehörigen, welche Pflege sie wollen: Dieses Modell fördern Politiker und Verbände seit Jahren. Sie entsprechen dem Wunsch vieler Menschen, die lieber in WGs als in einem Pflegeheim alt werden möchten. Das zeigen Umfragen.
Deutlich steigende Zahlen
Die FDP fordert, die derzeit geltenden Regeln für solche Senioren-WGs zu lockern. Auch mehrere Wohlfahrtsverbände bemängeln, dass es im Südwesten zu starre Vorschriften gebe. Diese Vorwürfe weist Minister Lucha (Grüne) jedoch entschieden zurück: „Die geltenden Regeln sollen nicht billigen Kleinstheimen den Weg ebnen, sondern ein dem Wunsch der älteren Menschen entsprechendes selbstbestimmtes Leben im Alter gewährleisten.“
Eine bundesweite Studie des Bundesgesundheitsministeriums von 2016 hatte gezeigt, dass Baden-Württemberg im Bundesvergleich wenige solcher WGs hat. Die Studie liste jedoch alle Arten von WGs auf und achte dabei nicht darauf, ob die Wohngruppen hohen Qualitätsstandards genügten, monieren Luchas Fachleute. Deswegen hinkt der Vergleich aus ihrer Sicht. Die Zahl der Wohngruppen in Baden-Württemberg sei seit 2014 stark gestiegen. Damals hatten Grüne und SPD die rechtlichen Grundlagen für PflegeWGs geschaffen. Mitte 2017 zählte das Ministerium 301 ambulant betreute Gruppen, ein Plus von 280 seit Inkrafttreten des entsprechenden Gesetzes.
Ganz entschieden wehren sich die Beamten gegen einen weiteren Vorwurf von FDP und Verbänden. Deren Argument: Die hohen Auflagen trieben die Kosten für WGs in die Höhe. Darum seien die Wohngruppen teurer als Pflegeheime und „nur für ein bestimmtes Klientel finanzierbar“. Das Ministerium sieht dafür keinerlei Anhaltspunkte.
Allerdings gibt es Probleme, wenn Senioren auf Sozialhilfe angewiesen sind. Diese zahlen die Kommunen aus. Nicht immer übernehmen diese Kosten für Senioren-WGs. „Die Finanzierung dieses Wohnangebots durch die Sozialhilfe ist kein baden-württembergisches, sondern ein bundesweites Problem“, so das Ministerium. Die entsprechenden Gesetze seien Sachen des Bundes.
Minister Lucha verteidigt die kritisierten Auflagen. Sie seien moderat und notwendig, sagt der Grüne: „Nur so kann den Bewohnerinnen und Bewohnern mit Pflege- und Unterstützungsbedarf eine angemessene, selbstbestimmte Lebensgestaltung in einer Wohngemeinschaft ermöglicht werden.“Gerade weil die Gründung schwierig sei, gebe es zahlreiche Hilfen des Landes. So wurde eine eigene Beratungsstelle eingerichtet, die Fachstelle ambulant unterstütze Wohnformen (FaWo). Sie helfe jenen, die eine WG gründen wollten. Darüber hinaus könnten neue WGs mit bis zu 100 000 Euro aus Landesmitteln gefördert werden.