Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Union und SPD wollen mehr Geld für Parteien
Gesetz soll während der Fußball-WM verabschiedet werden – Opposition reagiert empört
BERLIN - Union und SPD planen die Parteienfinanzierung aufzustocken. Darüber wurde am Freitag im Bundestag debattiert. Die Erhöhung würde den beiden Parteien bis zu 18 Millionen Euro mehr im Jahr für die Parteikassen verschaffen. Statt wie bisher 165 Millionen Euro jährlich wären es dann künftig 190 Millionen an staatlichen Mitteln. Der Plan sorgt bei der Opposition, Verbänden und Rechtsexperten für helle Empörung und scharfe Kritik.
„Dreist“sei das, was sich die Große Koalition hier leiste. „Mit der Nummer kommen Sie hier nicht durch“, empört sich Grünen-Fraktionsgeschäftsführerin Britta Haßelmann am Rednerpult des Bundestags. Und auch der Linken-Abgeordnete Friedrich Straetmanns klagt über die schwarz-roten Pläne, spricht von einem „Entwurf zur Steigerung der Politikverdrossenheit“.
Nicht nur die Erhöhung sorgt für Wirbel, sondern auch das Verfahren. Union und SPD haben es eilig. Der Gesetzentwurf wurde erst am Dienstag eingereicht und schon drei Tage später debattiert. Bereits am kommenden Freitag, einen Tag nach Eröffnung der Fußball-Weltmeisterschaft, soll der Bundestag grünes Licht geben. Schon am Montag soll es im Bundestag eine Expertenanhörung geben.
Den zusätzlichen Bedarf für die Parteien begründet die Große Koalition mit höherem Aufwand für politische Arbeit und zusätzliche Aufgaben, etwa in sozialen Netzwerken.
Von Arnim: „Höchst fragwürdig“
Für den Verwaltungsrechtler und Parteienkritiker Hans Herbert von Arnim ist der Hauruck-Beschluss ein Unding: „Das ist ein unmögliches Verfahren. Die Höhe der staatlichen Parteienfinanzierung steigt ohnehin schon von Jahr zu Jahr, weil sie an die Geldentwertung angepasst wird“, kritisierte er im Gespräch mit der „Schwäbischen Zeitung“. Darüber hinaus nochmals eine strukturelle Erhöhung von insgesamt 25 Millionen Euro vorzunehmen, sei höchst fragwürdig. Auch habe das Bundesverfassungsgericht eine solche massive Erhöhung nur bei ganz außergewöhnlichen Umständen gestattet.
FDP-Finanzexperte Hermann Otto Solms spricht von einem „sehr ungewöhnlichen Verfahren“. Kritik hagelt es auch von der AfD: Die geplante Erhöhung sei „nicht nur ein großer Schluck“. Union und SPD wollten gleich „das ganze Fass leeren“. CDUInnenexperte Harbarth warf der AfD dagegen vor, sie lasse ihren Wahl- kampf in nicht geringem Maße von anonymen Spendern finanzieren und verfüge über ein „obskures Finanzierungssystem“.
Unionsfraktionsgeschäftsführer Michael Grosse-Brömer verteidigt die Pläne: „Die Parteien arbeiten laut Grundgesetz an der politischen Willensbildung des
Volkes mit und müssen auch die dafür notwendigen Mittel erhalten“, sagte der CDU-Politiker.
Sie seien es wert, unterstützt zu werden. „Eine maßvolle Erhöhung der Mittel für die Parteien ist auch eine Stärkung der Demokratie“, sagt er. Nach deutlichen Verlusten bei der Bundestagswahl müssen vor allem Union und SPD mit geringeren staatlichen Zuschüssen rechnen.