Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
„Ertinger Spitzbuaba“feiern grandioses Comeback
Dreieinhalb Stunden Non-Stop-Programm – Der Schachen outete sich als „Geburtshelfer“
ERTINGEN - „Je oller, je doller“oder einfach gesagt: Spitzenklasse, was die „Ertinger Sitzbuaba“bei ihrem Comeback am Montagabend den fast 3000 Besuchern boten. Dreieinhalb Stunden Non-Stop-Programm, das von den Stühlen riss und einen „Ober-Spitzbua“wie Uli Ocker, der als Conferencier und Chef des PanikOrchesters zur Höchstform auflief, da blieb kein Auge trocken. Einfach bühnen- ja fernsehreif, was die Jungs im vollbesetzten Festzelt ablieferten.
Lange schon vor Beginn des Festausklangs am Montagabend waren die meisten Plätze besetzt. Einheimische als auch Auswärtige, die die „Spitzbuaba“von früher kannten, wollten einfach dabei sein, wenn diese Kultband wieder auf der Bühne stand. Doch es zeigte sich gleich, die Herren Musiker hatten nichts verlernt. Im Gegenteil, Altes und Bewährtes wurde mit Neuem vermischt und auch Urgestein Uli Ocker war an diesem Abend nicht zu bremsen. Schlagfertig, urig, einfach bodenständige Kost, bei der oft kein Auge trocken blieb, denn auch seine Witze zündeten.
Kaum, dass die ersten Takte verklungen waren, die Überraschung des Abends. Die Schachensiedlung rückte mit einer Fahnenabordnung an, wie man sie in Ertingen noch nie gesehen hatte. Sie bekannten sich „nicht schuldig“, vielmehr seien sie „stolz, geholfen zu haben, dass es die Ertinger Spitzbuaba gibt“. Ob Liederkanz, Turnerfrauen, Blutreiter, Schachfreunde, TSV, DLRG, es war hinter der Fahne der Schachensiedlung alles dabei, was eine Fahne tragen konnte oder auch wie die Jugendkapelle einen Schellenbaum dabei hatte und sich dann auf der Bühne unter dem Beifall der fast 3000 Festgäste postierte. Laut Schwäbischer Zeitung sollen die Ursprünge der Kapelle ja auf die Schachensiedlung zurückgehen. Nachdem diese mit eigener Fahne sich an den Umzügen beteiligten, hängten sich damals auch junge Burschen als „Gugga-Musik“mit an, den späteren „Spitzbuaba“.
Nachdem Uli dann schon mal die Stimmung im Saal testete, legte die Band los. Dabei wie einst feine Soli der einzelnen Register und auch die „Drillinge“, Egon auf dem Saxofon oder Julian auf dem Xylofon brillierten, wie das ganze Orchester selbst. Das zeigte sich dann auch bei der Polka-Runde, dass man zwar an Jahren älter, aber immer noch auf einem Top-Niveau Blasmusik zelebrieren kann. Man scheute an diesem Abend weder Geld noch Mühen, um Stargäste auf die Bühne zu holen, die live mit dem Orchester das Publikum zu wahren Gefühlsausbrüchen verleiteten. Ob Elvis, Udo Jürgens oder auch Joe Cocker alias Günther Goldammer, das war einfach spitze. Dazu natürlich auch die Mädchen des Musikvereins, die mit ihrer Kick-Box-Akrobatik zum Sound der „Spitzbuaba“alles gaben. Selbst ein „heißer Strip“durfte nicht fehlen.
Orchester hilft Pfarrerin
Man ahnte es dann, als Uli Ocker in die Runde schaute: Er hatte schon seine „Freiwilligen“im Auge, die zum Publikumsspiel ran mussten. Neben zwei Jugendlichen war es vor allem die evangelische Pfarrerin Cornelia Schmutz, die Bürgermeister Jürgen Köhler im Schlepptau hatte. Ihre Aufgabe: In einem überdimensional großen Kinderwagen ein Schlafliedlein im passenden Outfit zu singen. Vor allem bei der Pfarrerin haperte es ein wenig, und da musste das Orchester schon ein wenig „Beihilfe“leisten. Ganz im Gegensatz zum Bürgermeister, der sich allerdings etwas im Wagen verkrümelte, war doch seine Frau dabei, die anscheinend seine „Gesangskünste“ kannte. War da alles im Rahmen verlaufen, war es Zeit, dass auch das „Panik-Orchester“seine Wiedergeburt feierte. Nachdem „Majestro Ulriko“den Taktstock übernahm, ging der Punk ab. Wie in früheren Zeiten mahnte Uli Ocker als Kapellmeister schon mal die Zuschauer in der ersten Reihe zur Vorsicht, und das nicht von ungefähr. Da brannten schon mal Noten lichterloh, wurde ein Orchestermitglied liquidiert, schoss ein Notenständer an die Decke, wurde auf Luftpumpen musiziert oder auch mittels Sprengstoff ein Instrument in die Luft gejagt. Ja, zimperlich durfte man dabei nicht sein. Den 3000 Gästen im Zelt gefiel es auf jeden Fall und sie spendeten begeistert Beifall. Bei allem Klamauk – die profilierten Musiker boten dabei eine überzeugende Leistung, sind sie doch alle Könner auf ihren Instrumenten.
Publikum ist gefordert
Doch so nach drei Stunden kam man wieder etwas runter, und das Publikum war gefordert. Ob bei der „Vogelwiese“, der „Fischerin vom Bodensee“oder „bewaffnet“mit Wunderkerzen, als das „Sierra Madre“erklang, das Publikum wich nicht von den Plätzen, es sang, schunkelte und spendete lang anhaltenden Applaus. Natürlich durfte auch Reinhard May an diesem Abend nicht fehlen. Bei seinem Song „Über den Wolken“war doch klar, dass dabei der Doppeldecker an der Decke durchs Zelt schwebte. Nein, ohne Zugaben kamen sie nicht von der Bühne, die Musikanten, die eine tolle Show ablieferten. „Das war’s, ob es dabei bleibt, ich weiß es nicht“, so Uli Ocker zum Abschied an diesem einmaligen Abend mit den „Ertinger Spitzbuaba“.