Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Am Gipfel warten Spaß und Action
Bergurlaub in Österreich muss nicht zwingend Wandern bedeuten
WESTENDORF (dpa) - Sommerurlaub in den Bergen ist für Familien eine Herausforderung: Mit Wandern allein lassen sich heutzutage die wenigsten Kinder und Jugendlichen in die Berge locken. Doch es geht auch anders, wie zahlreiche Regionen in Österreich zeigen.
Es ist ein Kreuz mit dieser Familie Murmeltier: Der jüngste Nager ist verschwunden. Marmota irrt irgendwo auf dem Alpinolino herum, einem Wanderweg mit Rätseln für Kinder. Und spannenden Orten, an denen kleine und große Wanderer gute Einblicke in die Natur der Kitzbüheler Alpen bekommen. Himmelsteig heißt der 2,1 Kilometer lange Rundweg, der bei der Bergstation Talkaser in 1770 Metern Höhe beginnt. Am Ende ist das Kind aus der Puste, Marmota gefunden und das Bergerlebnis für mehrere Generationen einer Familie gerettet.
„Um vier Uhr nachts aufstehen, stundenlang rauf auf den Berg, Picknick, Gipfelfoto und wieder runter, Torsten Kirstges, Professor für Tourismuswirtschaft
das ist insbesondere für Familien heute keine angesagte Urlaubsaktivität mehr“, sagt Torsten Kirstges, Professor für Tourismuswirtschaft an der Jade Hochschule in Wilhelmshaven. Der Alpinolino ist deshalb nur ein Beispiel für Attraktionen abseits des klassischen Wanderurlaubs in Österreich.
Im ganzen Land verteilt gibt es Action, Events und spezielle Einrichtungen für große und kleine Kinder. In vielen Urlaubsregionen sind die Liftkarten im Sommer kostenlos, wenn man eine Mindestanzahl von Tagen vor Ort verbringt. Auf diese Weise kommt man bequem und ohne komplette Wandermontur auf Mittelund Bergstationen, um dort zum Beispiel auf einer Slackline sein Gleichgewicht zu schulen, mit Sommerrodelbahnen die Berge hinunterzudüsen oder in einem Kletterpark gegen die Höhenangst zu kämpfen. „Bergerlebniswelten“nennen das die einen, „Abenteuerberg“die anderen. Besonders viele solcher Attraktionen für Familien gibt es in den Kitzbüheler Alpen in Tirol, vom Hexenwasser in Söll über den Triassic Park auf der Steinplatte in Waidring bis zum Alpinolino in Westendorf und dem Hornpark in St. Johann in Tirol. Die Bergstation Harschbichl verleiht Mountaincarts, Offroad-GoKarts, mit denen Jugendliche über die Schotterwege den Berg herunterdonnern können.
Aber auch an anderen Orten in Tirol gibt es ein umfangreiches Angebot jenseits der 1000 Höhenmeter: In der Region Serfaus-Fiss-Ladis kann man im Erlebnispark Hög spielerisch Interessantes über Alm- und Forstwirtschaft erfahren und in einem See schwimmen. Oder einen abenteuerlichen Tag auf der Möseralm in Fiss verbringen. Für einen Adrenalinschub sorgen dort der Fisser Flieger, der Skyswing und ein Sprungturm mit riesigen Matten.
Auch die Gletscher bieten Aktivitäten im Sommer an. Auf dem Kitzsteinhorn im Salzburger Land kann man in mehr als 3000 Metern Höhe im Sommerschnee rutschen und einen Gletschertrail begehen. Auch auf dem Dachstein in der Steiermark ist Nervenkitzel angesagt: Dort steht eine „Treppe ins Nichts“, auf deren Glasstufen man hoch über dem Abgrund steht.
„Aufstehen, rauf auf den Berg, Picknick, Gipfelfoto und wieder runter, das ist für Familien heute keine angesagte Urlaubsaktivität mehr.“
„Gerade wegen der digitalen Reizüberflutung schätzen Kinder und Jugendliche das gemeinsame Erlebnis mit den Eltern.“
Torsten Kirstges, Professor für Tourismuswirtschaft
Zahlreiche Berge bieten zudem an den Mittelstationen ausgedehnte Spielwelten, häufig mit Wasserspielplätzen und abenteuerlichen Stangen, Schaukeln und anderen bewegten Klettergeräten.
All diese Attraktionen konkurrieren jedoch stets mit dem Internet und seinen Social-Media-Kanälen. Das Netz ist andererseits ein gutes Werkzeug, um dem Nachwuchs das Urlaubsziel vor der Reise schmackhaft zu machen. Ein Actionvideo auf Youtube kann manchmal für die richtige Begeisterung sorgen, auch wenn die Erfahrung vor Ort dann analog und manchmal mit Muskelkater verbunden ist.
Torsten Kirstges glaubt: „Gerade wegen der digitalen Reizüberflutung schätzen Kinder und Jugendliche Entschleunigungszeiten und das gemeinsame Erlebnis mit den Eltern.“