Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Land plant über 660 zusätzliche Stellen bei der Polizei
Die Aufstockung soll vom Jahr 2020 an 35 Millionen Euro pro Jahr mehr kosten
STUTTGART - Ab 2020 soll sich einiges ändern bei der Polizei in Baden-Württemberg. Die genauen Pläne des Innenministeriums liegen der „Schwäbischen Zeitung“vor. Die wichtigsten Neuerungen im Überblick.
13 statt zwölf Präsidien
2014 machte der damalige Innenminister Reinhold Gall (SPD) aus 37 Präsidien und Direktionen im Land zwölf regionale Präsidien. Das Ziel war, mehr Polizisten auf die Straße zu bringen. Zwar beurteilten Experten 2017 die Reform grundsätzlich positiv. Sie habe zu erheblichen Verbesserungen geführt, etwa durch die Einrichtung von modernen Lagezentren und eines Spezialpräsidiums für die Spezialeinsatzkommandos (SEK), die etwa bei Amokläufen oder Terroranschlägen eingreifen. Doch mehr Streifenpersonal habe es nicht durch die Änderung gegeben, so das Fazit der Experten. Sie empfahlen daher einige Maßnahmen, darunter neue regionale Zuschnitte für die Präsidien. Nun wird es ab 2020 genau 13 im Land geben, Ravensburg bekommt eines davon. Tuttlingen dagegen muss sein Präsidium schließen. Die Kosten für Neu- und Umbauten belaufen sich laut den Plänen auf rund 120 Millionen Euro – rund 50 Millionen mehr als ursprünglich veranschlagt. Außerdem braucht es mehr Personal. Im neuen Ravensburger Präsidium sollen künftig 1230 Beamte und Angestellte arbeiten, die zum Teil aus anderen Dienststellen kommen.
Verkehrsunfälle rascher aufnehmen
Seit 2014 müssen Polizeispezialisten ausrücken, um schwere Unfälle aufzunehmen. Weil diese Polizisten aber nicht an jedem Revier stationiert sind, kam es gerade im ländlichen Raum zu langen Wartezeiten am Unfallort. Die örtlichen Polizisten sperrten diesen oft stundenlang und waren dort gebunden. Sie durften aber weder Spuren sichern noch andere Maßnahmen zur Aufklärung des Geschehens treffen. Das wird ab 2020 anders. Dann können die lokalen Beamten einfach aufzuklärende Unfälle wieder selbst aufnehmen. Nur bei komplizierten Fällen kommen weiter die Spezialisten.
Verkehrs- und Schutzpolizei werden eins
Die einen Polizisten sind für alles rund um den Verkehr zuständig, die anderen für Streifendienste, Einsätze bei Kneipenschlägereien oder andere klassische Arbeit der Polizei – so ist es bislang. Aus diesen beiden Bereichen wird künftig einer, der „Schutzpolizei“heißt. Damit dürften auf Leitungsebene rund 100 gut bezahlte Stellen eingespart werden, denn bisher gab es für beide Gruppen jeweils eigene Direktoren und Leitungsstäbe. Zwar soll es weiter Polizisten geben, die Spezialisten für bestimmte Tätigkeiten sind. Aber bei Bedarf sollen Verkehrsexperten und Streifenkollegen sich gegenseitig aushelfen können.
Die Spezialeinheiten werden gestärkt
Mobile und Spezialeinsatzkommandos greifen ein, wenn besonders bedrohliche Zwischenfälle passieren. Sie sollen zusätzliche 54 Stellen bekommen. Die Sicherheitslage habe sich seit 2014 stark verändert, so das Innenministerium. Die Gefahr islamistischer Terroranschläge sei gestiegen, die Beamten müssten sogenannte Gefährder überwachen – also Personen, die als mögliche Attentäter gelten, aber wegen fehlender Beweise nicht verhaftet werden können. Dadurch seien viele Überstunden angefallen, die Polizisten bräuchten Entlastung.
Mehr Personal für Verwaltung und moderne Technik
Das Ministerium will einen neuen Arbeitsbereich „Multimedia Forensik“einrichten. Darin sollen 27 Spezialisten Filme, Bilder und andere Daten aus dem Internet auswerten und ihre Herkunft prüfen. Außerdem sollen mehr als 130 Stellen in Verwaltung, Technik und anderen Bereichen geschaffen werden, um die Einsatzkräfte von Büroaufgaben zu entlasten.
Was kostet das alles?
Insgesamt will das Innenministerium mehr als 660 zusätzliche Stellen schaffen. Diese kosten ab 2020 über 35 Millionen Euro mehr pro Jahr. Sind alle neuen Jobs besetzt, dürfte sich diese Summe auf mehr als 40 Millionen Euro jährlich belaufen. Die Kosten für Neu- und Umbauten sowie Technik summieren sich bis 2026 auf rund 125 Millionen Euro.