Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Reaktionen
Die Reaktionen auf das in Brüssel geschlossene Abkommen waren sehr gemischt. SPD-Chefin Andrea
Nahles bezeichnet das Abkommen als „sehr gute Grundlage“. „Die SPD begrüßt, dass wir eine europäische Lösung haben in Bezug auf die Migration. Wir sind sehr froh, dass es eine Lösung mit und nicht gegen Europa gibt“, sagte Nahles. Indem sich die Mitgliedsstaaten auf einen besseren
Schutz der Außengrenzen, auf mehr Geld für die Bekämpfung von Fluchtursachen und auf den solidarischen Umgang mit den Hauptankunftsländern geeinigt haben, hätten sie „alles richtig gemacht“. Bei den geplanten „kontrollierten Zentren“innerhalb der EU forderte sie die Länder auf, die humanitären Standards einzuhalten. „Die Nationen Europas können nur gemeinsam den globalen Herausforderungen begegnen“, sagte Vizekanzler Olaf Scholz
(SPD). Deshalb sei es „ein gutes und wichtiges Zeichen, dass sich der Europäische Rat über eine gemeinsame europäische Haltung zur Fluchtmigration und zum Schutz der Außengrenzen verständigt hat“.
So gar nicht zufrieden war dagegen
Christian Lindner, Vorsitzender der FDP. Für ihn ist das Abkommen „unkonkret und vage“. Zudem seien die Ergebnisse nichts Neues. „Die CSU muss erkennen, dass wir genau so weit und genau so schlau wie vorher sind“, sagte er. Vor allem die Frage der Sekundärmigration hält er für nach wie vor ungeklärt. Sie sei lediglich an die Nationalstaaten delegiert.
Günther Oettinger (CDU), EUKommissar für Haushalt und Personal, zeigte sich erleichtert und rief die CSU zur Deeskalation auf. „Es zeigt sich, europäische Lösungen sind möglich“, sagte Oettinger. Es solle nun versucht werden, „innerhalb und außerhalb Europas kontrollierte Zentren aufzubauen, das heißt Unterbringungsstätten, die Menschenwürde beinhalten und die trotzdem Aufenthaltspflicht beinhalten“. Er sprach sich dagegen aus, die Verteilung von Flüchtlingen innerhalb der EU „mit der Brechstange“durchzusetzen. Sinnvoll sei eine vergleichbare Solidarität, „das heißt: Länder, die weniger Flüchtlinge aufnehmen, sollten mehr Grenzschutzbeamte abordnen“. Linken-Chefin Sahra Wagenknecht kritisierte, dass die Verteilung von Flüchtlingen innerhalb Europas nun komplett auf Freiwilligkeit basieren solle.
„Dass es mit der Freiwilligkeit nicht so hoch bestellt ist, ist inzwischen ja auch bekannt“, sagte sie. Wie Lindner kritisierte sie, dass viele Punkte in dem Papier nicht hinreichend geklärt seien. Geklärt sei nur, dass die EU mit dem Abkommen massiv auf Abschottung setze. Grünen-Parteichefin Annalena Baerbock sagte: „Die Europäische Union ist dabei, ihren Wertekompass aufzugeben.“Die Einigung sei ein weiterer Schritt in Richtung Ausgrenzung und Entrechtung von Flüchtlingen. „Dieser Gipfel schafft weder Humanität, Solidarität noch Ordnung. Wer auf Rückweisung auf hoher See setzt, um Menschen an die libysche Küstenwache zu überführen, der bricht mit dem Völkerrecht.“(Anna Kratky und Agenturen)