Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Sollten unerfahrene Elektroradler einen Führerschein machen?
Als ich zu meiner ersten E-BikeTour startete, im Sommer 2007, machte sich noch kaum einer Gedanken um die richtige Vorbereitung. Bei Rent-aBike hinterm Bahnhof in Romanshorn riet man mir zu einer kleinen Proberunde auf dem Parkplatz. Die habe ich anscheinend mit Erfolg absolviert. Jedenfalls fuhr ich alsbald frohgemut mit meinem Pedelec – ich hatte die „Flyer“Komfortversion mit tiefem Einstieg und breitem Verwöhnsattel gewählt – in die Unterführung Richtung Stadt, nur um plötzlich wie von Geisterhand geschoben die Rampe hinauf auf den Bahnhofsvorplatz zu schießen. Zum Glück wurde niemand verletzt. Aber ich musste neulich wieder daran denken, als eine Bekannte mir erzählte, dass ihr recht betagter Vater im Begriff sei, sich ein HightechE-Bike anzuschaffen, weil er nicht mehr gut zu Fuß sei und sich inzwischen zu unsicher fühle für ein herkömmliches Rad. Natürlich wirft das die grundsätzliche Frage auf, für wen so ein Gefährt, das dazu erfunden wurde, vorhandener Muskelkraft etwas nachzuhelfen, überhaupt noch sinnvoll ist. Die zu beantworten, dürfte aber auch Zweck eines freiwilligen Vorbereitungskurses sein. Ansonsten kann es nicht schaden, daran zu erinnern, was das E-Bike schon alles kann und was noch nicht. Und dass ein Blick auf das Display zur falschen Zeit auch tödlich sein kann.
Wissen, was das E-Bike kann und was nicht. Von Christiane Pötsch-Ritter
c.poetsch-ritter@schwaebische.de
Auf deutschen Straßen herrscht Anarchie: Nobelkarossenbesitzer, vornehmlich von der südlichen Seite des Bodensees, rasen (noch) mautfrei über unsere A 96. In den Innenstädten wird auf der Suche nach einem der seltenen Parkplätze gepöbelt und geflucht. Mittlerweile sollen sogar einst umweltbewusste und friedliebende Radler zu den Anarchos übergelaufen und zu Rowdys auf getunten Bikes mutiert sein. Was also jetzt tun mit all den Pedelec-Pedalrittern, die sowieso nur zu faul zum Treten sind und sich in den Rausch der Geschwindigkeit flüchten? Teeren, federn, am besten rädern? Besorgte Zeitgenossen schlagen den Führerschein für die Freunde des Hilfsmotors vor. Jawoll! Und der Nächste, der bei Rot über die Ampel geht, wird in ein Erziehungsheim gesteckt!
Müssen denn immer gleich Regeln aufgestellt und Vorschriften gemacht werden? Reicht es nicht mehr aus, an den gesunden Menschenverstand zu appellieren? Und überhaupt: Wenn es nach Hans Magnus Enzensberger ginge, täte uns ein wenig Anarchismus sogar gut. In irgendeinem seiner Essays hat er beschrieben, wie der Straßenverkehr ohne anarchisches Element zusammenbrechen würde. Das heißt, bei strikter Beachtung aller Verordnungen würde überhaupt nichts mehr gehen.
An den gesunden Menschenverstand appellieren. Von Simone Haefele
s.haefele@schwaebische.de