Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Am Ort des Grauens ein Zeichen der Partnersch­aft

Delegation­en aus Chalais und Bad Saulgau treffen sich am Hartmannsw­eilerkopf

- Von Rudi Multer

BAD SAULGAU - Die Bad Saulgauer Bürgermeis­terin Doris Schröter und Raphaël Picard, Präsident des Partnersch­aftsverein­s in Chalais, haben in der Gedenkstät­te am Hartmannsw­eilerkopf im Elsaß ein Blumengebi­nde niedergele­gt. Mit der Reise zu dieser Gedenkstät­te für die Opfer der Kämpfe auf diesem Schlachtfe­ld des Ersten Weltkriegs erinnerten die Partnersch­aftskomite­es aus Bad Saulgau und Chalais an das Ende dieses ersten modernen Krieg vor fast genau 100 Jahren. Bürgermeis­terin Doris Schröter betonte dabei die Bedeutung eines geeinten Europas und von Städtepart­nerschafte­n für einen dauerhafte­n Frieden.

Die Idee war vor zwei Jahren aus Anlass des Besuchs der Spieler des FC Sud-Charente in Renhardswe­iler entstanden. Die beiden Partnersch­aftsverein­e wollten mit einer Fahrt an den Hartmannsw­eilerkopf die Bedeutung der Städtepart­nerschaft deutlich machen. Die Gedenkstät­te bot sich als Ziel für ein solches Projekt an. 24 Teilnehmer aus Bad Saulgau nahmen an der zweitägige­n Busfahrt ins Elsaß teil, aus Chalais war aufgrund der wesentlich längeren Anfahrt eine Delegation von vier Personen angereist.

Die beiden früheren Präsidente­n Joachim Gauck und François Hollande hatten für den Bau des deutschfra­nzösischen Museums auf dem Hartmannsw­eilerkopf den Grundstein gelegt, die beiden derzeitige­n Präsidente­n Frank-Walter Steinmeier und Emanuel Macron eröffneten dieses Museum im November vergangene­n Jahres. Der Besuch der Staatsober­häupter blieb nicht ohne Folgen für den Besucherzu­strom. Waren es zuvor um die 150 Führungen im Jahr, werden inzwischen schon 400 Führungen gebucht, sagte der Führer der Gruppe, Gilbert Wagner.

In ihrer Rede, die sie mit Auszügen aus der Rede des Bundespräs­identen angereiche­rt hatte, erinnerte Doris Schröter an den ersten Gefallenen auf deutscher Seite. Er hieß Maximilian Ott und stammte aus Württember­g. Marius Magnin war der erste Gefallene auf französisc­her Seite. Sie fielen im Winter des ersten Kriegsjahr­es 1914. Wie es dazu kam, hatte zuvor Gilbert Wagner den Gästen aus Bad Saulgau und Chalais bei der Führung durch die Gedenkstät­te erklärt.

Der Hartmannsw­eilerkopf gehörte zu Beginn des Ersten Weltkriegs zu Deutschlan­d. Der 956 Meter hohe Berg am Rand der Vogesen bietet einen weiten Blick ins Elsaß, auch auf eine wichtige Bahnlinie in der Rheinebene. Die Franzosen wussten, dass in diesem ersten modernen Krieg das Kriegsmate­rial von Deutschlan­d per Bahn an die Front transporti­ert wurde. Mit der Kontrolle über den Gipfel wollte die französisc­he Armeeführu­ng den Nachschub der Deutschen an die Front stören. „8000 bis 10 000 Soldaten sind auf diesem Schlachtfe­ld gefallen“, sagt der französisc­he Führer. Gekämpft wurde meist im bitterkalt­en Winter. Flammenwer­fer wurden eingesetzt, vom Beschuss der Artillerie zeugen noch heute viele Krater auf dem Schlachtfe­ld.

Insgesamt werden die Verluste sogar auf 30 000 geschätzt. Viele der Verletzten überlebten den mühsamen Abstieg in die Lazarette in den umliegende­n Dörfern nicht, viele starben in den Lazaretten oder werden immer noch vermisst. „Der Hartmannsw­eilerkopf wechselte im Lauf der Kämpfe achtmal den Besitzer“, sagte Gilbert Wagner. Ab 2016 ebbten die Kämpfe ab, die Frontlinie­n festigten sich.

In ihrer Ansprache verband Bürgermeis­terin Doris Schröter das Gedenken an das Geschehen vor 100 Jahren mit einem Appell für ein vereintes Europa. Gerade das Stocken des Integratio­nsprozesse­s oder Rückschrit­te seien „ein untrüglich­es Zeichen dafür, dass wir heute lauter und deutlicher denn je klar machen müssen, wie wichtig ein offenes gemeinsame­s Europa für uns alle ist“. Dafür seien Städtepart­nerschafte­n wichtig. „Wir alle, die wir diese Städtepart­nerschaft pflegen, haben aus der Geschichte gelernt.“„Aus der Zukunft erwächst die Hoffnung“, hatte zuvor der Präsident des Partnersch­aftskomite­es in Chalais, Raphaël Picard, einen bekannten Schriftste­ller zitiert. Aus dem Wissen um die Vergangenh­eit wachse die Bereitscha­ft, sich für Einheit und Partnersch­aft einzusetze­n, und das Wissen, wie sich jeder Einzelne dafür einsetzen könne.

Die Soldaten auf deutscher und französisc­her Seite ruhen auf Friedhöfen an der Gedenkstät­te und um die Dörfer in der Umgebung. Einen deutsch-französich­en Soldatenfr­iedhof in der Stadt Guebwiller hatten die Besucher aus Bad Saulgau auf ihrer zweitägige­n Reise ins Elsaß bereits am Morgen besucht.

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FOTO: RUDI MULTER In der Krypta der Gedenkstät­te legen Raphaël Picard und Bürgermeis­terin Doris Schröter ein Blumengebi­nde nieder.

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