Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Wenn die Elektronik im Auto streikt
Steuergeräte altern ähnlich wie mechanische Komponenten – Gebrauchte Ersatzteile können beim Sparen helfen
MÜNCHEN/STUTTGART (dpa) - Löcher im Kotflügel und Bläschen am Heckscheibenrahmen – manche Autos rosten zwar immer noch im Laufe der Jahre, doch Fahrzeuge mit der braunen Pest am Blech werden seltener. Kathodische Tauchlackierung (KTL) und der Einsatz von Aluminium sowie Kunststoff schützen das Blech. Dafür machen immer öfter andere Dinge Ärger: Steuergeräte, Schalter oder Displays. Elektronische Bauteile, die nur wenige Fachleute reparieren können – die aber viele Aufgaben erledigen müssen.
Empfindlich bei Erschütterungen
Wie mechanische können auch elektronische Bauteile ausfallen. Steuergeräte bestehen aus Soft- und Hardware, bei ihnen können im Laufe der Zeit Fehler auftreten. Sie altern ähnlich wie mechanische Teile, können durch Hitze, Kälte oder Erschütterung ihren Geist aufgeben. „Die Bauteile sind aber meist so ausgelegt, dass sie im Regelfall erst dann ausfallen, wenn das gesamte Auto sein Lebensende erreicht“, sagt Christian Buric vom ADAC.
Eine besondere Pflege benötigen die meisten Bauteile nicht. Etwas mehr Aufmerksamkeit verlangen Sensoren und Aktuatoren mit elektromechanischen Bauteilen, die regelmäßig in der Werkstatt laut Wartungsplan kontrolliert werden. Laut ADAC berichten auf Fahrzeugelektronik spezialisierte Elektriker aber immer wieder von Steuergeräten, die ohne äußeren Einfluss wie Wassereintritt oder Überspannung ausfallen. „Sie zeigen meist denselben Defekt. Ein Bauteil wurde zu sparsam dimensioniert oder – ganz banal – ein Lötpunkt hat zu wenig Zinn abbekommen“, sagt Buric.
Technikexperte Marcel Mühlich vom Auto Club Europa (ACE) rät, in erster Linie auf die Stromversorgung im Auto zu achten. Bei unregelmäßigem Gebrauch eines Fahrzeugs kann es zur Entladung der Starterbatterie kommen. „Um Schäden an der Bordelektronik zu vermeiden, sollten Besitzer bei der Starthilfe nach Anleitung vorgehen und Spannungsspitzen vermeiden“, sagt Mühlich.
Gänzlich vermeiden lasse sich der Ausfall von elektronischen Bauteilen nie, meint Neofitos Arathymos vom Zentralverband Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe (ZDK). Denn durch Belastungen bei der Fahrt oder durch Alterungsprozesse würden Bauteile stark beansprucht. Wärmeverluste in den Steuergeräten können Weichmacher ausdünsten lassen, sodass Versprödungseffekte zum Ausfall dieser Bauteile führen. Mängel am Auto beschleunigen den Verschleiß ebenfalls. „Defekte Stoßdämpfer verstärken die Vibrationen im Fahrzeug, dadurch sinkt auch die Lebensdauer von Steuergeräten“, sagt Arathymos. Regelmäßige Inspektionen verhinderten am ehesten den Ausfall elektronischer Bauteile.
Auf Gewährleistung achten
Bei einem Defekt hilft oft nur ein teures Neuteil. Es gibt aber auch zahlreiche Anbieter von Elektronikreparaturen. „Bei der Auswahl sollte man darauf achten, dass sie zwei oder mehr Jahre Gewährleistung geben und am besten mit Autohäusern zusammenarbeiten“, sagt Buric. „Denn die bauen die defekte Elektronik fachgerecht aus und wieder ein.“Von Vorteil sei es, wenn der komplette Auftrag über das Autohaus abgewickelt wird, dann muss im Falle einer Reklamation das Autohaus gegenüber dem Kunden die Gewährleistung übernehmen.
Bei vielen Steuergeräten gibt es einige wenige, häufig auftretende Fehler, die fachgerecht repariert werden können. „Das ist günstiger als ein neues Teil und verhindert manchmal einen wirtschaftlichen Totalschaden“, sagt Buric. „Denn das Steuergerät muss dann nicht neu angelernt und codiert werden.“
Einige Fachwerkstätten reparieren beispielsweise Tacho- und Entertainmentsysteme mit Displayschäden wie etwa Pixelfehlern. Doch nicht alle Reparaturen rentieren sich: Manchmal kostet ein gebrauchtes Ersatzteil weniger als eine Reparatur mit aufwendigem Ein- und Ausbau. Greifen Autobesitzer auf einen externen Reparaturservice zurück, sollten sie daran denken, dass mit der Reparatur häufig die Herstellergarantie erlischt. Ist die Garantie erst kürzlich abgelaufen und war bisher kein Fremdunternehmen in die Instandsetzung involviert, übernehme der Hersteller häufig aus Kulanz einen Teil der Kosten, wenn die Reparatur über ihn erfolgt, sagt Mühlich.
Reparaturdienste aus Nicht-EULändern seien mit Vorsicht zu genießen: Häufig gebe es keine Gewähr, dass die Teile nach Austausch oder Reparatur wirklich funktionieren. Der Umtausch sei dann selten möglich, und eine Geld-zurück-Garantie gebe es nicht. Wichtig bei der Reparatur von Tachodisplays: Der bisherige Tachostand muss unbedingt beibehalten werden, denn Tachomanipulation ist strafbar.