Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Chorknaben besuchen Sachsen
60 Teilnehmer verbringen erlebnisreiche Tage in Leipzig und Dresden
BAD SAULGAU (joko) - Matthias Schweizer, Chorsänger und Mitglied im Vorstand des Fördervereins, hatte für die Chorreise ein abwechslungsreiches Programm zusammengestellt und perfekt organisiert. Möglich wurde sie durch die ganz beträchtliche finanzielle Unterstützung durch den Förderverein der St.Johannes-Chorknaben und eine großzügige Spende des Lions Clubs Sigmaringen-Hohenzollern.
Nach der Anreise am Donnerstag per ICE lernten die Chorknaben am Freitag Leipzig aus unterschiedlichen Blickwinkeln kennen.
Am Nachmittag besuchten die Knaben den Leipziger Zoo, der mit seiner Weitläufigkeit und großartigen Gestaltung faszinierte. Die Choristen indes befassten sich mit der geschichtlichen Bedeutung Leipzigs für die deutsche Wiedervereinigung. Sie besichtigten die so genannte „runde Ecke“, das ehemalige Hauptquartier der Stasi. Hier wurden unter anderem. Regimegegner verhört, Akten zusammengetragen, Post durchsucht und Ausspähtechniken entwickelt. Hier führten auch jene Montagsdemonstrationen vorbei, in deren Folge die DDR zusammenbrach. Im Anschluss führte ein kurzer Stadtspaziergang die Gruppe zum Bundesverwaltungsgericht, in der Kaiserzeit repräsentativ als Reichsgerichtsgebäude erbaut. Matthias Burth, Organist bei den Chorknaben und Jurist, erläuterte kompetent die Bedeutung und die Funktion dieser juristischen Einrichtung.
Am Abend stand der Besuch der Motette des weltberühmten Thomanerchors auf dem Programm – natürlich ein Muss für die Chorknaben. Beeindruckend, zu wissen, dass dieser Knabenchor auf eine über 800jährige Tradition zurückblicken kann. Beeindruckend war auch die konzentrierte Atmosphäre mit Musik, Gebet und Predigt in der vollbesetzten Kirche. Wer seinen Hunger nach Kultur immer noch nicht gestillt hatte, konnte am Freitagabend die Chance nutzen und das Eröffnungskonzert zur neuen Saison des Leipziger Gewandhausorchesters besuchen. Es war ein grandioses Konzert und manch einer hatte sogar das Glück, im Anschluss an das Konzert ein Autogramm des Gewandhauskapellmeisters Andris Nelsons ergattern zu können. Toll war auch die Begegnung mit Peter Wettemann, dem stellvertretenden Solotrompeter des Gewandhausorchesters, der sich Zeit für alle unsere Fragen zur Struktur und Organisation des Orchesters nahm.
Der Samstag begann mit Führungen durch das Bach-Museum, das sich gegenüber der Thomaskirche befindet. Hier erfuhren die Sänger manches über das Leben und Werk des berühmtesten aller Thomaskantoren, Johann Sebastian Bach. Das Nachmittagsprogramm fand in zwei Gruppen statt. Der Aufstieg zum Völkerschlachtdenkmal Leipzig, erbaut im Kaiserreich zum 100-jährigen Gedenken an diese Schlacht, belohnte durch einen herrlichen Blick über die Stadt. Kaum vorstellbar, dass hier 1813 Zehntausende ihr Leben lassen mussten und die Schlacht für Stadt und Umgebung großes Elend bedeutete. Andere besuchten die Samstagsmotette in der Thomaskirche, bei der die Bach-Kantate „Wer Dank opfert, der preiset mich“BWV 17 musiziert wurde.
Am Montag unternahm die Gruppe einen Tagesausflug in die sächsische Landeshauptstadt Dresden. Natürlich wurde im Rahmen eines Stadtspaziergangs auch die Kreuzkirche, Heimat des Dresdener Kreuzchores aufgesucht. An der Kirche sind noch immer die Wunden des verheerenden Bombenangriffs auf Dresden im Februar 1945 zu sehen. Besonders deutlich wurde dies beim Besuch der Mittagsandacht in der wiederaufgebauten Frauenkirche. Bei dem anschließenden hervorragenden Vortrag zur Baugeschichte und Bedeutung der Kirche wurde ihre Symbolkraft als Friedenskirche herausgestellt.
„Es waren ganz besondere Tage, welche die Chorgemeinschaft gefördert und uns durch die vielfältigen geschichtlichen, musikalischen und kulturellen Erlebnisse motiviert haben. Wir freuen uns auf den Beginn der neuen Chorsaison“, lautet das Fazit von Chorleiter Volker Braig. Langweilig wird es den Chorknaben nicht werden: Ende September nehmen sie am Knabenchorfestival in Ulm teil und am 18. November bringen sie im Rahmen ihres Jahreskonzerts das „Requiem“von Wolfgang Amadeus Mozart zur Aufführung.