Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Rechte Hand
Brasiliens künftiger Präsident Jair Bolsonaro hat ein großes Ego, aber er weiß auch, wo seine Grenzen liegen. Wann immer ihm eine Frage zu seinen wirtschaftspolitischen Plänen gestellt wird, antwortet der Rechtspopulist reflexartig: „Da muss ich Paulo Guedes fragen.“
Paulo Guedes, 69-jähriger Wirtschaftsprofessor, soll sich in Bolsonaros Kabinett als Superminister um Wirtschaft und Finanzen kümmern. So radikal wie Bolsonaros politische Ansichten sind, so radikal ist Guedes in Wirtschaftsfragen. Er würde gerne die Steuern senken und das Rentensystem und alle Staatsbetriebe privatisieren, darunter Brasiliens Kronjuwel: den Ölkonzern Petrobras.
Guedes hat an der Universität von Chicago bei dem liberalen Vordenker Milton Friedman studiert, die Investmentbank BTG Pactual und das Forschungsinstitut Instituto Millenium mitgegründet und ist Partner bei der Investmentfirma Bozano Investimentos. Während der Militärdiktatur in Chile lehrte er an der Universität von Santiago. Die Verpflichtung des seriösen Wissenschaftlers war für Bolsonaro essenziell, um neben radikalen Nationalisten, evangelikalen Christen und Großgrundbesitzern auch die urbane Wirtschaftselite auf seine Seite zu ziehen.
In Europa ist man gespannt: Brasilien ist das wichtigste Mitglied des Wirtschaftsbündnisses Mercosur, das mit der Europäischen Union seit Jahren über ein Freihandelsabkommen verhandelt. Noch ist unklar, ob sich Guedes mit seinen Ideen durchsetzen kann. Die Militärs, die in Bolsonaros Kabinett ebenfalls eine wichtige Rolle spielen werden, wollen wichtige Schlüsselindustrien wie Öl, Elektrizität und Verteidigung nicht aus der Hand geben. Auch an einer umfassenden Rentenreform haben sie kein großes Interesse – denn im Pensionssystem in Brasilien sind Staatsbedienstete privilegiert: Viele gehen mit 55 Jahren bei 70 Prozent oder mehr ihrer letzten Bezüge in Rente. (dpa)