Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Vielseitig
Die neue britische Arbeits- und Sozialministerin Amber Rudd hat bereits turbulente politische Zeiten erlebt. Als die britische Premierministerin Theresa May 2017 Unterhauswahlen vom Zaun brach, musste Rudd als damalige Innenministerin lange um den Erhalt ihres Mandats bangen. Am Ende hielt Rudd ihren Wahlkreis in Hastings mit nur 346 Stimmen Vorsprung.
Vor gut einem halben Jahr stolperte Rudd über die Spätfolgen von Mays Amtszeit im Innenministerium. Die Ausländerbehörde zwang Hunderte unbescholtener Menschen mit Wurzeln in den früheren britischen Kolonien, aber Anspruch auf britische Staatsangehörigkeit, zur Ausreise, weil sie wegen britischer Schlamperei keine ordnungsgemäßen Papiere vorweisen konnten. Im Zuge der Aufklärung des sogenannten Windrush-Skandals musste Rudd zurücktreten, weil sie unabsichtlich dem Innenausschuss eine falsche Auskunft erteilt hatte. Rudd war von den Beamten falsch informiert worden. Seit Freitag ist die politisch vielseitige Rudd anstelle der zurückgetretenen EU-Feindin Esther McVey Sozialministerin.
Gleich ihren ersten TV-Auftritt nutzte Rudd zu einem Appell an die Brexit-Ultras: Diese sollten doch „nochmal genau überlegen“, ob ein Misstrauensvotum gegen May hilfreich wäre. Die studierte Historikerin, frühere Investmentbankerin und Mutter zweier erwachsener Kinder befürwortet den weichen Brexit – und würde gewiß zur Handvoll ernsthafter Nachfolge-Kandidatinnen gehören für den Fall, daß May stürzt. Die EU-Länder zumindest haben sich am Montag hinter das Verhandlungsergebnis zum Brexit gestellt, teilte Chefunterhändler Michel Barnier nach einem Ministertreffen in Brüssel mit. Sebastian Borger