Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
„Die Freiheit hat man satt am End“
In der Alten Kirche präsentiert das Theater Mélange Texte und Lieder von Heinrich Heine.
RULFINGEN (wol) - Einen ganzen Abend hat das Theater Mélange aus Pfullendorf am Samstag dem deutschen Dichter Heinrich Heine gewidmet. Die Aufführung gehörte zum Kulturschwerpunkt „Demokratie und Freiheit“des Landkreises.
Heinrich Heine war ein großer Kämpfer für die Freiheit, ein großer Europäer und ein scharfer Kritiker patriarchalischer Zustände, wie Jörg Ehni, der das Stück inszeniert hatte, zu Beginn des Abends erklärte. Harry Heine (so sein ursprünglicher Name) war Sohn jüdischer Eltern. Er studierte zunächst Jura. Um seine Anstellungschancen zu erhöhen, ließ er sich evangelisch-lutherisch taufen und nahm der Vornamen Christian Johann Heinrich an. Aber auch als getaufter Jude wurde er nie beruflich akzeptiert.
Mit dem von Mendelssohn-Bartholdy vertonten Lied „Leise zieht durch mein Gemüt“eröffnete Roswitha Roth den Abend. Die Darsteller der Mélange-Gruppe zeigten eine große Fähigkeit, Gedichte auch durch eine ausdrucksvolle Körpersprache darzubieten, so etwa Uli Jäger mit „Ich halte ihr die Augen zu“oder Hanne Hafner mit „Mein süßes Lieb, wenn du im Grab“. Die „Alte Rose“, vorgetragen von Iris Schmid, schildert wohl Heines erste große Liebe zu seiner Cousine Amalie, die von dieser abgelehnt wurde.
Auf Heines teils sarkastische Liebeslieder folgten politische Gedichte. In dem berühmten „Denk ich an Deutschland in der Nacht“- vorgetragen von Birgit Jäger – drückt Heine in erster Linie die Sehnsucht nach seiner Mutter aus. Weil er wegen seiner politischen Ansichten angefeindet wurde, war Heine nach Frankreich geflohen. Seine Bücher wurden derweil im Frankfurter Bundestag 1835 verboten, der preußische König erließ Grenzhaftbefehl gegen ihn. Der Titel des Abends „Die Freiheit hat man satt am End“ist der Beginn des Gedichts „Die Wahl-Esel“, die „begehren, dass ein einziger Regent sie absolut regiere“.
Der dritte Teil „Gespielte Gedichte“gab den Schauspielern viel Gelegenheit, sich szenisch zu präsentieren. Ein Genuss war der „Männerchor“, der die „Loreley“sang – allerdings nur gestisch zur CD-Musik, mit großen Zylindern. Herrlich, wie die feinen Leute „saßen und tranken am Teetisch“oder „im Schloß zu Düsseldorf am Rhein“gediegene Tänze vorführten. Makaber wurde es beim „Sklavenschiff“, in dem der Mynheer van Koek im Liegestuhl sitzend über seine Geschäfte mit Negern und Branntwein sinnierte und über Haie, die das Negerfleisch liebten. Dieser Text wäre kaum auszuhalten gewesen, wäre er nicht durch die Tänze der Schauspieler ins Lächerliche gezogen worden.
Im letzten Teil des Abends trug jeder Spieler ein Gedicht aus der „Matratzengruft“vor und legte ihm zu Gedenken eine Rose auf den Boden: Heine war in den letzten acht Jahren seines Lebens schwer krank. In den Gedichten sehnt sich Heine nochmals nach Liebe und verdammt seine Widersacher in seinem „Vermächtnis“. Auch mit diesen bedrückenden Gedichten imponierte die Theatergruppe durch große Ausdruckskraft und erhielt am Ende lang anhaltenden Beifall. Der Spendenerlös kommt der Spielgruppe, aber auch dem Rulfinger Kulturverein Alte Kirche zugute.