Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Einfach mal durchatmen
Niedriger als angepeilt ist die Zahl der Asylanträge in Deutschland, das Aufatmen der Koalition ist groß. Die politischen Maßnahmen haben ge- wirkt, meint ein stolzer Innenminister Horst Seehofer. Er hat Recht, falls er das nicht nur auf Deutschland und seine eigene Arbeit bezieht. Natürlich hat die Bundesregierung einiges getan, zu einer geordneten, sprich defensiveren Flüchtlingspolitik zu kommen. Sicherlich hat auch Horst Seehofer mit seiner Kritik etwas bewirkt.
Ausschlaggebender aber für den starken Rückgang ist das EUTürkei-Abkommen, sind die scharfen Kontrollen im Mittelmeer und das harte Vorgehen Griechenlands und Italiens. Der Migrationsdruck bleibt, und doch kann man in Deutschland jetzt einfach mal ruhig durchatmen. Der scharfe Streit um die Obergrenze ist fast vergessen. Horst Seehofer lässt alle Kritik stecken und lobt außer sich selbst auch die Arbeit der Politik und der deutschen Behörden. Die CSU hat schmerzlich gelernt, dass sie mit dem ständigen Thema Flüchtlinge eine ganz andere Partei groß macht. Und dass eine langfristige und gut erklärte Politik am Ende bessere Erfolge bringt.
Große Aufgaben bleiben: Drei Jahre nach der Anerkennung werden bis zu 750 000 Bescheide noch einmal überprüft werden. Die größte Herausforderung aber besteht darin, die anerkannten Asylbewerber zu integrieren, sie schneller als bisher in der deutschen Sprache – und damit in Deutschland – heimisch werden zu lassen.
s.lennartz@schwaebische.de