Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Zweimal lebenslänglich für heimtückischen Mord in Memmingerberg
Weil sich seine 35-jährige Ehefrau von ihm scheiden lassen wollte, erwürgte ihr Mann sie – Sein älterer Bruder wurde als Drahtzieher der Tat verurteilt
MEMMINGEN - Nach dem Urteilsspruch weinte die Schwester des Opfers Tränen der Erleichterung: Die Angeklagten, Ehemann und Schwager der im Sommer 2017 in Memmingerberg getöteten Syrerin, wurden wegen gemeinschaftlichen Mordes zu lebenslangen Haftstrafen verurteilt. Bei dem Schwager stellte das Memminger Landgericht zudem die besondere Schwere der Schuld fest. Die Verteidiger zeigten sich überrascht und kündigten Revision an.
Klar ist, dass die damals 35-Jährige an einer Festhalle im Unterallgäu getötet, in Folie verpackt und sechs Meter tief in einem Sickerschacht vergraben wurde. Und dass ihre Ehe zerrüttet war, sie eine andere Beziehung hatte und sich scheiden lassen wollte. Der Ehemann (51) hat vor Gericht zugegeben, die Mutter seiner drei Kinder während eines Streits mit einem herumliegenden Kabelbinder erdrosselt zu haben. Sein Bruder sei nicht vor Ort gewesen. Die Staatsanwaltschaft dagegen ist überzeugt, dass die beiden Angeklagten die Frau zu der Halle gelockt haben, um sie dort umzubringen. Beim Opfer gab es keine Verletzungen, die bei einem Streit entstanden sein könnten, und der Kabelbinder war im Nacken der Frau verschlossen. Dies deutet nach Ansicht der Staatsanwaltschaft darauf hin, dass sie bei ihrer Ankunft von hinten attackiert wurde.
Dem Gericht stellte sich nun die Frage: War es Mord oder Totschlag? Und welche Rolle spielte der Bruder (60) des Ehemannes? Die Staatsanwaltschaft ist der Meinung, dass er als Familienoberhaupt der Drahtzieher war. Zeugen zufolge sind in der Familie keine wichtigen Entscheidungen ohne Einverständnis des 60Jährigen getroffen worden, er habe sich immer wieder in die Ehe seines Bruders eingemischt. Und er sei am Tag der Tat am Tatort gesehen worden. Die Staatsanwaltschaft nannte zahlreiche solcher Indizien.
Das Gericht entschied: lebenslänglich für beide Angeklagten wegen gemeinschaftlichen Mordes. Damit kam es der Forderung der Anklage weitestgehend nach. Nach Ausführungen des Richters Christian Liebhart ging es den Brüdern aber nicht um Ehre oder Geld, sondern um den Verbleib der Kinder in der Familiengemeinschaft. Die Tat sei zwar geplant und heimtückisch ausgeführt worden, aus niederen Beweggründen habe der 51-jährige Ehemann des Opfers aber nicht gehandelt. Anders der Schwager: „Die Frau seines Bruders war ihm ein Dorn im Auge“, sagte der Richter. Es habe ihm nicht zugestanden, sich in die Ehe einzumischen, dennoch habe er sich dazu verpflichtet gesehen und den Mord an der 35-Jährigen mitgeplant. Die Schuld des 60-Jährigen wog für das Gericht besonders schwer. Konkret bedeutet das: Eine Entlassung nach 15 Jahren Haft ist für ihn kaum möglich.
Sein Anwalt Alexander Chasklowicz zeigte sich von diesem Urteil „mehr als überrascht“. Denn der Richter sagte in seiner Urteilsbegründung, dass der 60-Jährige bei der Tat selbst anwesend, aber nicht aktiv daran beteiligt war. Dennoch erhielt er die härtere Strafe. Chasklowicz hatte Freispruch gefordert und kündigte nun an, in Revision zu gehen. Genau wie Verteidiger Dr. Florian Engert, der für den Ehemann des Opfers auf Totschlag und eine Strafe von sieben Jahren und drei Monaten plädiert hatte.