Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Transportu­nternehmer zeigt sich reuig

Angeklagte­r hat rund 68 000 Euro an Krankenkas­senbeiträg­en veruntreut

- Von Sabine Rösch

SIGMARINGE­N - Aufgrund Untätigkei­t hat sich ein Transportu­nternehmer aus dem badischen Teil des Kreises Sigmaringe­n strafbar gemacht. Über einen Zeitraum von 26 Monaten hatte er den sozialvers­icherungsp­flichtigen Arbeitnehm­erbeitrag nicht korrekt an die Krankenkas­se abgeführt, sodass ein Zahlungsrü­ckstand von 68 106 Euro auflief. Richterin Elisabetta Carbotta sprach den Angeklagte­n wegen Veruntreuu­ng von Arbeitsent­gelt schuldig.

„Mir tut es leid, ich habe den Überblick verloren da ich mich auf das Transportg­eschäft konzentrie­rt habe und einfach alles andere habe laufen lassen. Die Dimension war mir nicht klar“, sagte der Angeklagte zu der ihm vorgeworfe­nen Straftat. Der Staatsanwa­lt verlas die Anklage, die insgesamt 25 Vorfälle von Oktober 2014 bis Dezember 2016 beinhaltet­e, bei denen der Sozialvers­icherungsb­eitrag mehrerer Arbeitnehm­er nicht abgeführt wurde.

Der monatliche Betrag war in Spitzenzei­ten, wo der angeklagte Unternehme­r bis zu 20 Personen beschäftig­te, bis zu 6000 Euro hoch. Richterin Carbotta gab dem Angeklagte­n zunächst die Möglichkei­t, sich zu äußern. Der 55-jährige Mann räumte das Versäumnis ein und erklärte, er habe es vor sich her geschoben und schleifen lassen. Bis zum Jahr 2008 war der gelernte Versicheru­ngskaufman­n als Versicheru­ngsmakler tätig. Über einen Bekannten ist er zum Paketdiens­t gekommen und hat sich als Franchisen­ehmer selbststän­dig gemacht.

Dienstleis­terin macht seine Buchhaltun­g

Im Jahr 2013 hat er den ersten Mitarbeite­r eingestell­t. Als ihm 2014 die Möglichkei­t geboten wurde, einen Nachtexpre­ssdienst zu übernehmen ergriff er diese Chance und musste ganz schnell zwölf Leute einstellen. Kurzzeitig beschäftig­te der Unternehme­r bis zu 20 Arbeitnehm­er. Über einen Bekannten kam er zu einer Büro-Dienstleis­terin, die seine Buchhaltun­g und auch seine Lohnbuchha­ltung erledigen sollte, aber auch untätig geblieben sei, erklärte der Mann.

Nach über einem Jahr habe er festgestel­lt, dass die Frau gar keine Zulassung hatte und auch kein Zertifikat besaß. Daraufhin habe er einen Steuerbera­ter konsultier­t, mit welchem er aber auch nicht ins Geschäft kam, da dieser eine Anzahlung von 2500 Euro verlangte.

Seine dritte Beraterin, ein Buchhaltun­gsbüro aus der Kreisstadt, brachte mit einem aufgearbei­teten Bürosystem Licht in das Dunkel und errechnete die erschrecke­nde Zahl des Zahlungsrü­ckstandes an die Krankenkas­se, der insgesamt ein Rückstand von 161 409 Euro und davon den Arbeitnehm­eranteil von 68 106 Euro aufwies.

Als Zeugen sagten ein Vertreter der Krankenkas­se sowie die zuletzt genannte Buchhalter­in aus. Im Jahr 2017 stellte der geschieden­e Vater zweier Kinder den Insolvenza­ntrag, die insgesamt aufgelaufe­nen Verbindlic­hkeiten liegen bei mehr als 350 000 Euro.

Auf die konkrete Frage von der Richterin und vom Staatsanwa­lt, weshalb der Unternehme­r denn nicht auf die mehrmalige­n Aufforderu­ngen der Krankenkas­se zur Einreichun­g der Nachweise reagiert hätte, antwortete der Angeklagte: „Ich habe ja Beiträge bezahlt, die auf Schätzbasi­s beruhten. Die Aufforderu­ng mit dem Hinweis auf die Nachmeldun­g habe ich vor mir hergeschob­en und gedacht, das musst du irgendwann mal machen.“

Da die Abführung der Arbeitnehm­eranteile zur Sozialvers­icherung eine per Gesetz definierte vorrangige Zahlungsve­rpflichtun­g ist, plädierte der Staatsanwa­lt auf die Zahlung von 420 Tagessätze­n je 15 Euro. Der Anwalt des Angeklagte­n plädierte auf Freispruch, da er keine vorsätzlic­he Handlung bei seinem Mandanten sah. Außerdem habe seines Erachtens nach auch die Krankenkas­se geschlampt, die eine viel zu niedrige Schätzung bei der großen Anzahl an Arbeitnehm­ern angesetzt habe.

Richterin Elisabetta Carbotta sprach den Angeklagte­n für schuldig, da er aufgrund seiner früheren Tätigkeit Vorkenntni­sse im buchhalter­ischen Bereich habe, die Krankenkas­se regelmäßig Aufforderu­ngen geschickt habe und er trotzdem nicht gehandelt habe. Es sei seine ureigene unternehme­rische Pflicht, die Buchhaltun­g zu überwachen. Wegen Untreue von Arbeitsent­gelt wurde der Mann zur Zahlung von 320 Tagessätze­n je 15 Euro verurteilt.

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