Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Peinliche Defizite
Spitze zu sein, gehört in Baden-Württemberg zum Selbstverständnis, vor allem, wenn es um die Wirtschaft geht. Doch ausgerechnet das Musterländle hat erhebliche Defizite beim Arbeitsschutz.
Bezeichnend dafür: Seit Jahren ist das Land nicht in der Lage, Bundes- und EU-Behörden Zahlen zum Arbeitsschutz zu melden. So etwa die Zahl der beanstandeten Mängel in Betrieben. Das mag wie eine Kleinigkeit klingen, es zeigt aber den erheblichen Nachholbedarf in diesem Bereich auf. Die Zusammenlegung von Umwelt- und Arbeitsschutz auf kommunaler Ebene macht die Dinge undurchsichtig. Selbst die zuständigen Ministerien blicken da kaum durch.
Beschäftigte haben das Recht auf sichere Arbeitsstätten. Dazu braucht es Kontrollen. Unternehmen brauchen und wollen gesunde Arbeitnehmer. Sie benötigen dazu Beratung von Fachpersonal. Zweimal haben Grüne und CDU keine Stellen für den Arbeitsschutz genehmigt. Jetzt wird es höchste Zeit.
k.korf@schwaebische.de
diese sollte helfen, Arbeitsunfälle zu vermeiden. Seit Anfang der 2000er-Jahre sank die Zahl tödlicher Unfälle von mehr als 140 auf rund 80. Sie stieg jedoch von 2015 bis 2017 wieder um zehn Prozent auf 88. Insgesamt gingen Unfälle seit der Jahrtausendwende bis 2012 kontinuierlich auf etwa 118 000 zurück, seither stiegen sie auf über 120 000.
Besonders groß ist das Problem dort, wo viel gebaut wird. BTB-Mann Michael von Koch ist Leiter der Gewerbeaufsicht in Stuttgart. Er hat für den Baubereich zwei ausgelernte Kontrolleure und vier in Ausbildung. Jeder könne 70 Baustellen pro Jahr kontrollieren, so von Koch – bei derzeit 21 000 Baustellen in der Region.