Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Konsumverhalten auf Kosten der armen Länder
Gerechtigkeit, Frieden, Bewahrung der Schöpfung – dieser Slogan aus den 80er-Jahren klingt bei mir immer wieder an, sogar immer häufiger und immer lauter bei den Themen, wenn man die Tageszeitung aufschlägt: es geht um Plastikmüll in den Meeren, um Flüchtlingspolitik, Naturkatastrophen und immer wieder um Klimawandel.
Unter dem Motto „Gerechtigkeit, Frieden, Bewahrung der Schöpfung“ging es um einen gemeinsamen Lernweg der christlichen Kirchen, dem „Konziliaren Prozess“, der auf der Vollversammlung des Ökumenischen Rates in Vancouver 1983 seinen Anfang nahm. Ein wichtiges Thema damals war auch, dass man sich gegen Massenvernichtungswaffen wandte. Auch wenn sich die Themenschwerpunkte in den 35 Jahren geändert haben, dürfte dieser Slogan eigentlich nicht angestaubt anmuten, er ist aktueller denn je.
Menschen werden ausgebeutet
Mehr und mehr begreifen wir, wie alles miteinander vernetzt ist, dass die aktuellen Probleme global gesehen werden müssen. Unser Lebensstil und Konsumverhalten geht auf Kosten der armen Länder und auf Kosten der kommenden Generation. Während wir in Westeuropa einen hohen Lebensstandard genießen, können auf der anderen Seite Menschen nicht mehr gut leben, weil sie ausgebeutet wurden oder weil ihr Land ausgebeutet wurde und in der Folge auf der Suche nach einem anderen Ort sind, wo sie gut leben können. Wir wiederum haben eine fast hysterische Angst vor Mitmenschen, die bei uns Zuflucht suchen. Wie viel mehr sollten wir uns vor den Ursachen der modernen Völkerwanderung fürchten - vor den wirtschaftlichen Ungerechtigkeiten und der Umweltzerstörung!
An Mahnungen mangelt es nicht: von Papst Franziskus bis zum Schulmädchen finden sich Mahnerinnen und Mahner: Papst Franziskus appellierte 2015 in der Enzyklika „Laudato si“, sich um das gemeinsame Haus, „unsere Welt“zu sorgen und auf allen Ebenen zu handeln. In Schweden macht schon eine 16-jährige Schülerin, Greta Thunberg, von sich reden, dass endlich etwas gegen den Klimawandel geschieht.
Wir sind weit davon entfernt, dem biblischen Auftrag Gottes gerecht zu werden, den wir aus dem Schöpfungsbericht kennen, nämlich sich die Erde untertan zu machen und über die Tiere zu herrschen. Diese Begriffe können leicht missverständlich sein, deshalb lohnt sich ein Blick auf die Bedeutung der Wörter im Hebräischen: „Kabasch“, das für „untertan machen“verwendet wird, bedeutet „sich etwas unter die Füße nehmen“, etwa die Arbeit des Gärtners, der die Erde segensvoll bewirtschaftet. „Radah“, das mit „herrschen“übersetzt wird, ist das schützende und fürsorgliche Umherziehen eines Hirten mit seiner Herde – nicht das Regiment eines Königs.
Die Bibel erzählt auch, dass Gott genug hatte von den Menschen, die nur an sich selbst dachten, gewalttätig waren und Kriege anzettelten. Deshalb schickte Gott die Sintflut. Doch Gott liebt die Erde, deshalb gab es auch Rettung: Gott rettete Noah und seine Familie und es gab einen Neuanfang auf der Erde, einen neuen Bund. Auf diesen Bund dürfen wir uns verlassen.
Gott liebt sein Eigentum und ist ein Freund des Lebens. Ein Bund wird aber auch immer zwischen zwei Parteien geschlossen. D.h. dass die Menschen ebenfalls in der Pflicht stehen.
Als Christinnen und Christen stehen wir deshalb in besonderer Verantwortung, uns für die Schöpfung einzusetzen. Es gibt viele Möglichkeiten, in denen jede und jeder etwas tun kann. Jede und jeder kann sein Verhalten in den Bereichen Mobilität, Ernährung, Konsum und Energie überprüfen und verändern. Natürlich kann ich die Welt nicht retten, indem ich auf Plastiktüten oder Flugreisen verzichte – aber ich kann meinen Teil zur Bewahrung der Schöpfung beitragen. „Wenn viele kleine Leute an vielen kleinen Orten viele kleine Schritte tun, dann werden sie das Gesicht der Welt verändern.“