Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Die Saat des Hasses geht auf
Es ist die Wahnsinnstat eines Verwirrten, ohne Frage. Welcher normale Mensch käme schon auf die Idee, andere Menschen aufgrund ihres Aussehens zu ermorden? Welcher normale Mensch würde in eine Synagoge eindringen wollen, um die dort Versammelten zu töten? Würde einen Regierungspräsidenten erschießen, weil dieser sich für Flüchtlinge einsetzt? Würde jahrelang durch Deutschland fahren, um Ausländer und pausierende Polizisten zu töten?
Ob Hanau, Halle, Kassel oder Heilbronn: Die Namen dieser Städte stehen für einen tödlichen rechtsextremistischen Wahn. Dieser war nie ganz verschwunden, doch bricht er sich nun zunehmend Bahn. Nicht, weil es mehr Verwirrte gäbe als früher. Sondern weil diese einen ideologischen Nährboden vorfinden, in dem die Saat des Hasses besser gedeiht als in den Jahrzehnten zuvor.
Verschwörungstheoretiker finden im Netz zehntausendfache Bestärkung und immer tiefere vermeintliche Abgründe. Besorgte Biedermänner begeben sich mit wohligem Schauder in virtuelle Parallelwelten, in denen Deutschland trotz Wohlstand und starker Wirtschaft unaufhaltsam auf einen Abgrund zuschlittert. Politische Kontrahenten, anders Denkende oder Aussehende werden beschimpft und entmenschlicht. Und bei Pegida in Dresden beschimpfte Anfang der Woche ein ganz realer Thüringer AfD-Chef Björn Höcke vor Tausenden Anhängern das Land als Irrenhaus und rief kaum verhohlen zum Umsturz auf.
Wer solche Rhetorik als politische Folklore abtut, übersieht, dass sie radikalisiert. Dass es Menschen gibt, die solche Worte für bare Münze nehmen. Dass einige wenige deshalb sogar andere Menschen töten.
Demokraten werden Wahn nie komplett verhindern können. Doch sie können ihm Nährboden entziehen, indem sie Extremismus, Rassismus, Ausgrenzung und Menschenhass die Stirn bieten und Sprachlosigkeit überwinden. Wer das Gegenteil tut, spielt mit dem Feuer und setzt damit auch Menschenleben aufs Spiel.