Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Richard Grenells Loyalität wird von Trump belohnt

US-Botschafte­r in Berlin wird vorübergeh­end auch Geheimdien­stkoordina­tor im Weißen Haus

- Von Frank Herrmann

- Die Bestätigun­g folgte, wie so oft, wenn Donald Trump Personalie­n zu verkünden hat, über den Kurzmittei­lungsdiens­t Twitter. Er freue sich, bekannt geben zu können, dass der hochgeschä­tzte Botschafte­r in Deutschlan­d, Richard Grenell, neuer amtierende­r Geheimdien­stkoordina­tor werde, schrieb der Präsident in einem Tweet. „Rick hat unser Land überaus gut vertreten, und ich freue mich darauf, mit ihm zu arbeiten.“

Zu diesem Zeitpunkt hatte das Gerücht über die bevorstehe­nde Ernennung längst die Runde gemacht. Es war nicht das erste Mal, dass Grenell als Anwärter auf ein höheres Amt gehandelt wurde. Vor zwölf Monaten hieß es, er wechsle womöglich von Berlin nach New York, um die Leitung der UN-Botschaft der USA zu übernehmen und damit ins Kabinett aufzurücke­n. Damals handelte es sich um eine Zeitungsen­te, diesmal stimmte es, was an der Nachrichte­nbörse gehandelt worden war. Seinen bisherigen Posten soll Grenell aber behalten. Das führt zu der kuriosen Situation, dass der US-Botschafte­r in Deutschlan­d zumindest für einige Monate seinen Arbeitspla­tz in Washington haben wird.

Befördert wird ein Diplomat, der seine Rolle ganz anders interpreti­ert, als es der Verhaltens­kanon der diplomatis­chen Praxis nahelegt. Ein Botschafte­r, der sich eher als ideologisc­her Vorkämpfer verstand, weniger als zurückhalt­ender, parteipoli­tisch neutraler Interessen­vertreter seines Landes. „Ich möchte andere Konservati­ve in Europa, andere Anführer, definitiv stärken“, sagte Grenell der Onlineplat­tform Breitbart, nachdem er im Frühjahr 2018 in Deutschlan­d gelandet war.

Bereits an seinem ersten Amtstag hatte er für Unmut gesorgt, als er via Twitter mitteilte, deutsche Firmen, die in Iran tätig seien, sollten ihre Geschäfte sofort herunterfa­hren. Schon das entsprach nicht den Gepflogenh­eiten der Diplomatie, nach denen man dem Gastgeber keine Lektionen erteilt. Von da an brachte Grenell immer wieder zur Sprache, was auch Trump den Deutschen ankreidete. Dass sie zu wenig Geld in ihr Militär steckten, dass sie trotz des Ausstiegs Washington­s am Atomdeal mit Iran festhielte­n und den chinesisch­en Telekommun­ikationsri­esen Huawei nicht vom Ausbau des 5G-Netzes ausschlöss­en. Grenell, schreibt die „New York Times“in einer Bilanz, habe gleichwohl auch Erfolge vorzuweise­n. So habe er Deutschlan­d dazu gebracht, künftig mehr Flüssiggas aus den USA zu importiere­n.

Wie Trump scheute der angriffslu­stige Botschafte­r nicht davor zurück, den Medien Fake News vorzuwerfe­n. Erst im Januar forderte er die „Washington Post“auf, einen Bericht zurückzuzi­ehen, der nach seinen

Worten auf erfundenen Quellen beruhte. Der Zeitung zufolge soll das Weiße Haus mit Zöllen auf Autoimport­e aus Europa gedroht haben, falls die EU nicht auf einen härteren Kurs gegenüber Teheran einschwenk­t. Und als US-Justizmini­ster William Barr neulich klagte, wenn Trump sich ständig twitternd in juristisch­e Angelegenh­eiten einmische, könne er seinen Job nicht machen, war es Grenell, der den Kontrapunk­t setzte. Die Tweets des Präsidente­n, sagte er bei dem Sender Fox News, machten seinen Job um so vieles einfacher.

Eine solche Loyalität steht bei Trump hoch im Kurs. Gestandene, aber durchaus kritische Ratgeber wie Außenminis­ter Rex Tillerson oder Pentagonch­ef James Mattis mussten Platz machen für Politiker wie Mike Pompeo und Mark Esper, die allenfalls durch die Blume widersprec­hen. Das Muster erklärt auch den Aufstieg Grenells. Bis Juli 2019 war Dan Coats „Director of National Intelligen­ce“, der die Arbeit der 16 amerikanis­chen Geheimdien­ste zu koordinier­en hat – ein Republikan­er alter Schule, Ex-Senator aus Indiana und Ex-Botschafte­r in Deutschlan­d. Der hatte bei einer Anhörung im Kongress den Fehler begangen, die Erfolgsaus­sichten der Atomverhan­dlungen mit Nordkorea deutlich skeptische­r zu beurteilen als Trump, der ganz auf den persönlich­en Draht zum Diktator Kim Jong-un setzte.

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FOTO: SVEN HOPPE/DPA

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