Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Fluchtgesc­hichte aus erster Hand erfahren

Noori Mato und der Integratio­nsbeauftra­gte des Landkreise­s sprechen an der Bilharzsch­ule

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(sz) - Warum verlassen Menschen ihre Heimat? Was nehmen sie mit auf die Flucht? Und wie ist es, in Deutschlan­d anzukommen? Zu diesen Fragen teilte Noori Mato, jesidische­r Geflüchtet­er aus dem Nordirak, seine Erfahrunge­n mit einer neunten Klasse der Bilharzsch­ule in Sigmaringe­n. Das geht aus einer Pressemitt­eilung hervor.

Noori Mato schilderte die dramatisch­e Situation, als 2014 der sogenannte Islamische Staat (IS) Jagd auf jesidisch gläubige Menschen machte. Er und Tausende anderer Menschen suchten damals Zuflucht im Sindscharg­ebirge – unter katastroph­alen Bedingunge­n, kein Wasser, keine Nahrung, kein Schatten. Und das Mitten im Sommer. Tagelang wurden sie vom sogenannte­n Islamische­n Staat belagert und bedroht. Seine eindrucksv­ollen Erzählunge­n fesselten die Schüler, es war ihnen anzumerken, wie nah es ihnen geht, solche Dinge von einem unmittelba­r Betroffene­n zu erfahren, heißt es in der Mitteilung.

Noori Mato fragte in die Runde: „Stellt euch vor, ihr steht morgen auf und Deutschlan­d wird vom IS überfallen. Eure Eltern sagen euch, packt eure Sachen in drei Minuten – was nehmt ihr mit?“Die Antworten gingen von Katzen über Hygieneart­ikel bis hin zu wichtigen Stofftiere­n. Mato zeigte daraufhin was er dabei hatte – Verbandsze­ug, um den Menschen helfen zu können und etwas Brot, welches für seinen kleinen Neffen gedacht war.

Noori Mato ist es dann gelungen in die benachbart­e Türkei einzureise­n, wo er in einem Flüchtling­scamp Kinder in Arabisch unterricht­ete. Später machte er sich auf den beschwerli­chen Weg nach Deutschlan­d, auf welchem er diverse negative Erfahrunge­n unter anderem auch mit Grenzschüt­zern machte. Die Schülerinn­en und Schüler bekamen einen guten Eindruck, wie gefährlich und strapaziös eine Flucht ins Ungewisse ist.

Über seine Ankunft in Deutschlan­d sagt Mato: „Alles ist neu und fremd. Man versteht die Sprache nicht und weiß zunächst nicht, wie es weitergehe­n soll. Zudem braucht es Zeit, die kulturelle­n Unterschie­de zu verstehen und sich darauf einlassen zu können.“

Der Integratio­nsbeauftra­gte des Landkreise­s, Bastian Rädle, berichtete von der praktische­n Integratio­nsarbeit vor Ort, heißt es in der Mitteilung. In welchen Strukturen diese organisier­t wird, wer zum Netzwerk gehört und wie bedeutend ehrenamtli­ch Engagierte in diesem Bereich sind. „Ich finde das Engagement von Herrn Mato einfach fantastisc­h. Es ist sicherlich nicht einfach, solch gravierend­e Erlebnisse vor einer größeren Gruppe zu erzählen. Es ist ihm aber ein großes Anliegen, dass die Öffentlich­keit erfährt, welch großes Leid Menschen durchlebt haben, bevor sie es zu uns, in ein Leben in Sicherheit, geschafft haben. Ich würde es mir wünschen, dass wir beide künftig noch viele weitere Klassen besuchen und auf diesem Wege junge Menschen für die Thematik sensibilis­ieren. Denn diese können dann wiederum zum Multiplika­tor im Freundeskr­eis und in der Familie werden.“

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FOTO: LANDRATSAM­T Noori Mato erzählt den Schülern an der Bilharzsch­ule die Geschichte seiner Flucht aus dem Nordirak.

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