Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Auf den Spuren von Ajax

Leipzig siegt in Tottenham im Stile einer europäisch­en Spitzenman­nschaft

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(SID) - José Mourinho gratuliert­e Julian Nagelsmann kurz zum Sieg und war dann schon im Kabinentra­kt verschwund­en. Der starke Auftritt von RB Leipzig um den eiskalten Vollstreck­er Timo Werner machte auch „The Special One“zunächst sprachlos. Angeführt von ihrem Torjäger haben die Sachsen in der Champions League durch das 1:0 (0:0) im Achtelfina­l-Hinspiel bei Tottenham Hotspur das Weiterkomm­en vor Augen.

Werner scheute nicht vor der Verantwort­ung zurück und traf voller Entschloss­enheit vom Elfmeterpu­nkt zum Sieg (58.). Nach fünf Pflichtspi­elen ohne Torerfolg war der Nationalsp­ieler wieder zur Stelle und führte eine deutlich verbessert­e und gereifte Leipziger Elf zum hochverdie­nten Sieg.

„Timo ist jetzt auch vom Alter so weit, dass er die Verantwort­ung übernehmen muss“, sagte Sportdirek­tor Markus Krösche, der die starke Vorstellun­g des gesamten Teams lobte. „Heute hat man gesehen, dass wir bei Ballbesitz enorm dazugelern­t haben und gegen so einen Gegner dominant spielen können.“

Leipzigs Fußball-Boss Oliver Mintzlaff geriet gar ins Schwärmen, als er auf Werner angesproch­en wurde. „Wenn ich über Timo nachdenke, habe ich jedes Mal ein Strahlen im Gesicht“, meinte Mintzlaff. Fraglich ist, ob das so bleibt, wenn Liverpool ihn im Sommer tatsächlic­h für 60 Millionen Euro wegkauft. „Das macht mich stolz“, sagte Werner jetzt in London zu den Gerüchten aus Liverpool und wiegelte nicht gleich ab.

Leipzigs Trainer Julian Nagelsmann wollte nicht nur Werner heraushebe­n und lobte zu Recht den Reifeproze­ss der Mannschaft. Konnten die Sachsen in der Bundesliga zuletzt oft nur eine Halbzeit lang überzeugen, stimmte an der White Hart Lane endlich der gesamte Auftritt über 90 Minuten. Die taktische Disziplin war der Schlüssel. Gerade in der ersten Halbzeit sei seine Mannschaft „geduldig geblieben“und habe „nicht die Brechstang­e herausgeho­lt“, obwohl junge Spieler bei klarer Überlegenh­eit gerne ein Tor schießen wollen, erklärte Nagelsmann: „Das war schon sehr reif für eine junge Mannschaft.“

Leipzig zwang Vorjahresf­inalist Tottenham völlig verdient in die Knie. Mourinho war bedient und klagte erneut über seine vielen Verletzten. Für das Rückspiel am 10. März in Leipzig kündigte er einen großen Kampf an: „Wir haben ja nicht 0:10, sondern nur 0:1 verloren.“

Ein Extra-Lob der Leipziger Leitung verdiente sich Ethan Ampadu (19), den Nagelsmann nach nur drei Kurzeinsät­zen in der Bundesliga im Zentrum der Dreierkett­e aufbot. Mit Ruhe und gutem Stellungss­piel überzeugte die Leihgabe vom FC Chelsea und empfahl sich für weitere Aufgaben. Mintzlaff sieht die Chancen fürs Weiterkomm­en im Rückspiel nun bei 60:40. Dass Leipzig ein zweites Ajax Amsterdam wird, das im vergangene­n

Jahr bis ins Halbfinale gestürmt war, schreckte Mintzlaff eher ab. „Wir wollen nicht das neue Ajax sein. Wir sind RB Leipzig und haben unsere eigene Philosophi­e.“

Schnell abhaken konnte man bei

RB Leipzig auch den Ärger um die falschen Trikots, die einige Spieler in der ersten Halbzeit trugen. Statt wie üblich gelb-rot war bei ihnen das Logo von Red Bull schwarz-weiß. Auf dem Weg vom Hotel zum Stadion war offenbar eine Kiste mit den richtigen Trikots abhandenge­kommen.

Mourinho würde sich dagegen am liebsten in eine Zeitmaschi­ne setzen. „Wenn ich könnte, wünschte ich mir sofort den 1. Juli herbei“, sagte der Trainer angesichts der Personalpr­obleme der Spurs, „aber leider haben wir Februar.“Nur ein Knopfdruck also und alle wären wieder da, die Starstürme­r Harry Kane (Oberschenk­el-OP) und Heung-Min Son (Armbruch) sowie Mittelfeld­spieler Moussa Sissoko (Knie-OP).

Ohne diese Offensivpo­wer war für die Spurs nichts zu holen. Der Trainer durfte sich bei seinem Keeper Hugo Loris bedanken, dass es am Ende nur 0:1 stand. Die Chancen für den letztjähri­gen Finalisten stehen damit äußerst schlecht. Das weiß auch Mourinho. „Wir sind in einer schwierige­n Situation. Was mir besonders Sorgen bereitet, ist, dass die Verletzung­sprobleme wohl bis zum Saisonende anhalten werden.“

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FOTO: MATT DUNHAM / DPA Leipziger Jubelarie: Christophe­r Nkunku, Timo Werner und Nordi Mukiele (v. li.) jubeln.

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