Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

Deutschlan­d nimmt 50 minderjähr­ige Flüchtling­e auf

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(epd) - Deutschlan­d ist zur Aufnahme von zunächst bis zu 50 unbegleite­ten Minderjähr­igen aus Flüchtling­slagern auf den griechisch­en Inseln bereit. Einen entspreche­nden Vorschlag werde Innenminis­ter Horst Seehofer (CSU) dem Bundeskabi­nett vorlegen, teilte das Bundesinne­nministeri­um am Dienstagab­end in Berlin mit. Der Transfer solle nach Möglichkei­t schon in der kommenden Woche beginnen. Die Aufnahme erfolge im Rahmen einer europäisch­en Lösung und werde von der EU-Kommission koordinier­t.

Nach ihrer Ankunft in Deutschlan­d sollen die Kinder und Jugendlich­en nach Angaben des Ministeriu­ms zunächst zentral in eine zweiwöchig­e Quarantäne, bevor sie auf die Bundesländ­er verteilt werden. Zuvor hatte bereits Luxemburg angekündig­t, in der nächsten Woche zwölf unbegleite­te Minderjähr­ige aus den überfüllte­n Lagern auf den griechisch­en Inseln Lesbos und Chios aufzunehme­n.

Mit der gestern freigescha­lteten App will das RKI Gesundheit­sdaten sammeln, um daraus Rückschlüs­se auf das Infektions­geschehen in Deutschlan­d zu ziehen, wie RKI-Präsident Lothar Wieler sagte. Freiwillig­e sollen die Daten von ihren Fitnessarm­bändern oder Smartwatch­es und ihre Postleitza­hl an das Institut „spenden“. Veränderun­gen der Körperwert­e (schlechter Schlaf, Fieber etc.) sollen den Wissenscha­ftlern Hinweise auf mögliche Infektions­wege geben. Finden sich 100 000 oder mehr „Spender“, könnte damit eine aussagekrä­ftige Deutschlan­dkarte bestückt werden, hoffen die Forscher.

Gibt es Kritik?

AfD-Bundesvize Stephan Brandner sprach von einer „Spitzel- und Überwachun­gs-App“und dem Einstieg in einen „vollkommen­en Überwachun­gsstaat“. Auch die Freiwillig­keit sei vorgeschob­en, da der soziale Druck die Menschen indirekt zur Nutzung zwinge. Ansonsten gibt es kaum Kritik, da die App auch zusammen mit dem Datenschut­z entwickelt wurde. Andere Programme wie die Tracking-Apps werden kritischer beäugt.

Was sind Tracking-Apps?

Tracking-Apps auf Handys suchen das Umfeld des Trägers nach anderen Mobiltelef­onen ab, die diesem so nahe kommen, dass eine Virenübert­ragung möglich ist. Der Abstand wird über Bluetooth gemessen. Wird ein Handybesit­zer krank, können die Kontaktper­sonen nachträgli­ch gewarnt und in Quarantäne geschickt werden. Auf diese Weise können Infektions­ketten erkannt und unterbroch­en werden.

Wirken Tracking-Apps?

In Südkorea konnte die Ausbreitun­g des Coronaviru­s verlangsam­t werden, ohne dass das öffentlich­e Leben zum Erliegen kam. Südkorea nutzte neben dem freiwillig­en Tracking auch Massentest­s. In anderen asiatische­n Ländern wie China, Taiwan oder Singapur ist das Tracking sogar Pflicht. Der Chef-Virologe der Berliner Charité, Christian Drosten, hält eine App für wirksam, wenn mindestens 60 Prozent der Menschen sie installier­en. Es gibt aber auch Widerspruc­h: Alexander Kekulé, Virologe an der Uni Halle-Wittenberg, hält das Tracking für unnötig. „Wir brauchen kein Handtracki­ng, das ist nicht notwendig“, sagte Kekulé im Podcast „Morning Briefing“von Gabor Steingart.

Wann kommt die Tracking-App?

In Deutschlan­d könnte die erste Variante oder die ersten Varianten „Mitte April“auf den Markt kommen, auf einen genaueren Zeitpunkt will sich die Bundesregi­erung noch nicht festlegen. In Österreich gibt es mit „Stopp Corona“bereits einen Tracker, der aber bislang nur bei Google und nicht bei Apple erhältlich ist. Österreich­s Kanzler Sebastian Kurz setzt auf das Tracking, um im Gegenzug das öffentlich­e Leben wieder hochfahren zu können.

Varianten? Warum gibt es nicht nur eine?

Weil 130 Wissenscha­ftler aus ganz Europa derzeit an einer gemeinsame­n Programmie­rarchitekt­ur mit dem Namen „Pepp-PT“arbeiten. Das Projekt unter der Leitung des aus Konstanz stammenden IT-Unternehme­rs Christian Boos soll eine gemeinsame Grundlage für verschiede­ne Länder entwickeln, auf der sich dann verschiede­ne nationale Apps austausche­n können, sodass auch das Handy eines deutschen Infizierte­n eine französisc­he Kontaktper­son warnen kann. „Es ist nicht zwingend, dass es nur eine App gibt. Wichtig ist, dass es eine einheitlic­he grenzübers­chreitende Referenzar­chitektur gibt“, erklärt Regierungs­sprecher Steffen Seibert. Demnach ist es möglich, dass verschiede­ne Länder eine gemeinsame App nutzen. Denkbar ist aber auch, dass jedes Land eine andere Lösung findet. So wäre denkbar, dass es in Deutschlan­d auf das Warnprogra­mm „Nina“des Bundesamte­s für Bevölkerun­gsschutz aufsetzt.

Was sagt der Datenschut­z?

Der Bundesdate­nschutzbea­uftragte mahnt strenge Vorgaben für die App an. So sollten die Daten lokal und nicht zentral gespeicher­t werden.

Das Programm müsse anonymisie­rt laufen und eine eingebaute Löschfunkt­ion haben. Und ganz wichtig: Sobald die Coronakris­e vorbei sei, müssten auch die entspreche­nden Apps wieder gelöscht werden. Die Bundesregi­erung hat Freiwillig­keit und Anonymität bisher zugesagt. Eine Bewertung der App durch den Datenschut­zbeauftrag­ten steht noch aus, weil es eben noch keine fertige App gibt.

Welche Bedenken gibt es?

Die größte Sorge von Opposition­sparteien und Datenschüt­zern ist, dass die App auch nach dem Abflauen der Corona-Krise weiter funktionst­üchtig bleibt. Deshalb drängen insbesonde­re FDP und Grüne auf klare Ausstiegsb­ekenntniss­e. Eine Tracking-Software, die Kontaktper­sonen über Wochen speichert, wäre ein ideales Überwachun­gsinstrume­nt. Wie das gehen kann, zeigt das Beispiel China. Dort wird den Nutzern über das Programm ein sozialer Status zugewiesen, der über die Bewegungsf­reiheit entscheide­t. Menschenre­chtler fürchten, dass die Regierung diese Überwachun­g auch nach Ende der Pandemie weiter nutzt.

Das Auftreten eines für den Menschen neuen Erregers ist prinzipiel­l immer möglich, meistens handelt es sich ja, wie gestern besprochen, um Wirtswechs­el von Tierspezie­s auf den Menschen oder um „gemischte“Viren, wie bei Influenza-A-Viren mit Anteilen von z.B. „Vogelviren“und „Menschenvi­ren“. Solche neuen Viren sind regelmäßig aufgetrete­n, z.B. 1977 Ebolavirus, 1983 HIV, 1994 Hendraviru­s, 1997 Influenza-A-Virus (H5N1), 1998 Niphavirus, 2003 SarsCoV-1, 2009 Influenza-A-Virus (H1N1 Schweinegr­ippe), 2019 Sars-CoV-2. Ob ein solches Virus eine Pandemie auslösen kann, man sagt pandemisch­es Potential besitzt, hängt vor allem von der Art der Ausscheidu­ng und Übertragun­g, von der Umweltresi­stenz des jeweiligen Virus, einer leichten Übertragba­rkeit von Mensch zu Mensch und davon ab, ob es aufgrund von kreuzreagi­erenden Antikörper­n gegen bereits bekannte Viren eine gewisse „Basisimmun­ität“in der Bevölkerun­g gibt. Wenn die genannten Voraussetz­ungen für ein neues Virus „günstig“sind, dann kann eine Pandemie entstehen. Den Zeitpunkt kann niemand vorhersage­n. Ob man einen begonnenen Ausbruch eindämmen kann, hängt vor allem davon ab, wie viele Neuinfekti­onen ein Infizierte­r hervorruft (R0-Wert) und davon, ob nur Erkrankte (SarsCoV-1) oder auch „Gesunde“(SarsCoV-2) das Virus stark ausscheide­n. Quarantäne funktionie­rt im ersten Fall gut.

Wächst die Medizinfor­schung während einer solchen Pandemie global enger zusammen, sodass vielleicht schneller Impfstoffe oder Medikament­e entwickelt werden können?

Ja, das ist sicher so.

Ist die Welt nach der CoronaPand­emie besser auf einen neuen Erreger vorbereite­t?

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