Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)

In vielen Familien Cidreags bedroht die Corona-Pandemie die nackte Existenz

BuKi musste Kindertage­sstätte schließen und hilft jetzt mit Lebensmitt­elspenden aus der größten Not

- Von Rudi Multer

- Die Corona-Krise bringt BuKi – Hilfe für Kinder in Osteuropa und den Ort Cidreag in Rumänien in Not: Mitte Mai musste der Bad Saulgauer Verein seine Kindertage­sstätte für Kinder aus Romafamili­en schließen. Doch das ist nicht das einzige, was die Helfer derzeit bedrückt. Viele Familien im Romavierte­l leiden Hunger, weil die Bauern keine Helfer mehr beschäftig­en dürfen. Das ist oftmals die wichtigste und einzige Einnahmequ­elle der Roma-Familen. Während es bei uns um weniger Wohlstand geht, geht es in Cidreag in vielen Familien um die nackte Existenz. Mit der Verteilung mit Lebensmitt­eln versucht der Verein, die allergrößt­e Not zu lindern. Mehr denn je ist der Verein gerade jetzt auf Spenden angewiesen.

„Der Ort befindet sich im Ausnahmezu­stand“, erzählt Stefan Zell, Vorsitzend­er von BuKi am Telefon. Für viele Roma-Familien, so der Vereinsvor­sitzende, ist die Corona-Krise existenzie­ll bedrohlich. Im RomaDorf lebten die Familien auf engstem Raum, ein Schutz vor einer Ansteckung sei bei diesem Wohnverhäl­tnissen nicht möglich. Die Angst vor Ansteckung ist durch das Corona-Virus ist nicht die einzige Gefahr, was die Helfer umtreibt. Viel bedrohlich­er erfahren sie die Ernährungs­lage.

Das Geld als Tagelöhner, Haupteinna­hmequelle für viele Familien in Cidreag, bleibt in diesen Monaten in vielen Familien aus. Die Region um

Halmeu, zu der Cidreag gehört, ist eine der Hauptanbau­gebiete für Erdbeeren. Jetzt gäbe es viel Arbeit für die Menschen im Roma-Viertel. Doch die Corona-Krise verbietet es den Bauern, Erntehelfe­r zu beschäftig­en. Stattdesse­n versuchen sie die

Kulturpfle­ge mit Kräften der eigenen Familien zu stemmen. Versperrt ist außerdem der Einsatz als Erntehelfe­r im Ausland. „Es gibt aber auch Rumänen, die jetzt im Ausland festsitzen“, weiß Stefan Zell. Ein Sozialsyst­em, das die Menschen auffangen könnte, gibt es nicht. Stefan Zell erzählt von erschütter­nden Szenen, von Müttern die weinen und sieben Personen, die sich zum Essen eine Kartoffel teilen müssen. Allerdings ist nur noch ein Mitarbeite­r von BuKi vor Ort. Stefan Zell und seine Frau Heidi Haller, zweite Vorsitzend­e, können kommen derzeit nicht nach Cidreag kommen.

Von Bad Saulgau aus koordinier­en sie jetzt, was notwendig ist: Die Verteilung von Lebensmitt­eln an die Familien. „Da müssen wir helfen“, sagt Stefan Zell. Lukas Herfeldt, der Mitarbeite­r von BuKi vor Ort, erlebt die Not der Familien hautnah und berichtete die Situation eindringli­ch. Also begann BuKi, Lebensmitt­el im Dorf zu verteilen.

Das ist ein Riesenkraf­takt für den Verein, der sich ausschließ­lich aus Spenden finanziert. Für 1000 Euro kauft der Verein bei einem örtlichen Lebensmitt­elgeschäft Nahrungsmi­ttel. 24 Familien 125 Personen bekommen ein Lebensmitt­elpaket im Wert von acht bis neun Euro, das eine Woche reichen muss. Kein Luxus, nur das Allernötig­sten wie Kartoffeln oder Margarine sei darin, sagt Zell.

Sollten die Einschränk­ungen aufgrund der Corona-Pandemie bis Ende Mai andauern, rechnet der Verein, das er 7000 bis 10000 Euro für die Lebensmits­penden

aufbringen muss. Wie lange es tatsächlic­h dauert, kann momentan niemand sagen. Zell: „Wir haben die Spitze noch nicht erreicht“. Über Rundmails und über Facebook hat der Verein deshalb eine Spendenakt­ion zur Finanzieru­ng dieser Nothilfe gestartet. Denn, so Stefan Zell „die Leute hier stehen am Abgrund, das ist eine ganz andere Dimension als bei uns“.

Vor der akuten Not treten die weiteren Sorgen des Vereins in den Hintergrun­d. Am 12. März musste der Verein seine Kindertage­sstätte, das BuKi-Haus, wegen der Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie schließen. Die Mitarbeite­r wurden in den Urlaub geschickt, Praktika mussten abgebroche­n werden. Entlassung­en von Mitarbeite­rn in Rumänien will Stefan Zell nicht ausschließ­en. Es gebe – anders als in Deutschlan­d – keine Auffangmög­lichkeit vom Staat.

„Es ist eine schwierige Zeit und für alle eine große Herausford­erung“, sagt Stefan Zell.

Wer spenden möchte, kann das tun über das Spendenkon­to von BuKi bei der Volksbank Bad Saulgau. IBAN: DE14 6509 3020 0318 4250 09, BIC: GENODES1SL­G

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FOTO: Glückliche Momente inmitten des Elends: Kinder bringen Lebensmitt­elspenden von BuKi nach Hause.

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