Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Stadt demonstriert Zusammenhalt via Internet
Übers Internet können Bad Saulgauer bei ihren Geschäften am Ort Gutscheine kaufen oder Waren liefern lassen
- Den Bad Saulgauer Einzelhandel, Handwerksbetriebe und Dienstleistern die Existenz sichern in Zeiten der Corona-Pandemie: Mit „saulgauhaeltzusammen“hat der Gewerbeverein UBS in Bad Saulgau eine Initiative gestartet, damit die Bad Saulgauer Kleinbetriebe - wenngleich auf niederer Flamme weiterarbeiten zu können. Über 40 Geschäfte gingen mit der Initiative innerhalb kurzer Zeit online und bieten den Verkauf von Gutscheinen und Liefer- und Versandservice im Netz an.
Die Situation der Einzelhändler, der Handwerksbetriebe und der kleinen Dienstleister in Bad Saulgau ist derzeit ausgesprochen schwierig bis existenziell bedrohlich. „Die Ware fürs Frühjahr ist da und muss auch bezahlt werden“, sagt Alexandra Lott, Inhaberin von „Der Wäscheladen“in der Dreiköniggasse in Bad Saulgau. Die Einzelhändler füllten ihre Lager auch in der Hoffnung auf höhere Umsätze an Ostern auf. Nun hat die Corona-Pandemie bei vielen einen großen Strich durch die Rechnung gemacht. Viele mussten ihre Geschäfte schließen, anderen fehlen plötzlich die Kunden. Rechnungen müssen trotzdem bezahlt werden. Selbst mögliche Stundungen von Vorauszahlungen sind kein Geschenk. Die Forderungen nach Nachzahlungen kommen. Angekündigt sind sie in den meisten Fällen auf den 1. Juli. So wartet Alexandra Lott zusammen mit den anderen Einzelhändlern auf die angekündigte Soforthilfe des Bundes, um sich und ihren Wäscheladen über Wasser halten zu können.
In dieser Situation rief ihr Bekannter Patrick Barth bei Alexandra Lott an. Er arbeitet im IT-Bereich in der Automobilindustrie und wurde im Internet auf eine Aktion der Augsburger Einzelhandelsgeschäfte aufmerksam. „Er fragte, ob wir so etwas nicht auch in Bad Saulgau machen könnten“, erzählt Alexandra Lott. Sie brachte den Vorschlag im Vorstand der UBS-Fachgruppe Einzelhandel ein und stieß dort auf offene Ohren.
Patrick Barth machte sich an die Arbeit. An drei Tagen und mit einigen Nachtschichten stellte er den Internetauftritt von „badsaulgauhaeltzusammen“auf die Beine. „So etwas zu programmieren dauert normalerweise Wochen, wenn nicht gar Monate“, sagt Patrick Barth. Der UBS und auch Patrick Barth wussten, dass sie nicht so viel Zeit haben. Also erstellten sie den Internetauftritt über Jimdo, einen in Hamburg ansässigen Dienstleister, über den sich Internetseiten im Baukastenprinzip erstellen lassen. Patrick Barth musste dennoch an drei Tagen hart arbeiten. Bilder und E-Mail-Adressen von den einzelnen Geschäften mussten angefordert, ausgewählt und in die Homepage eingearbeitet werden. Er hält die Seiten außerdem auf dem aktuellen Stand.
Über die Reiter erreicht man nicht nur die Geschäfte für „Bekleidung & Accessoires“, sondern auch Restaurants und Cafés über „Essen & Trinken“, unter „Freizeit & Technik“seien beispielsweise Elektro- und Fahrradgeschäfte aufgelistet, über „Handwerk & Dienstleistung“findet man Handwerksbetriebe und Banken.
Klickt der Nutzer die einzelnen Betriebe an, können auf der jeweiligen Website Gutscheine und Waren bestellt oder der Liefer- oder Abholservice in Anspruch genommen werden.
Dabei wird der Kontakt immer direkt mit dem jeweiligen Geschäftsinhaber hergestellt. Ein Gutscheinsystem, bei dem die Gutscheine über den UBS bestellt, bezahlt und abgerechnet werden, wurde aus Gründen der Haftung nicht weiterverfolgt, erklärt Daniel Geiger, stellvertretender Vorsitzender im UBS. Er sieht die hohe Teilnehmerzahl schon jetzt als einen Erfolg der Aktion. Ein Beispiel, dass Bad Saulgau in schwieriger Zeit zusammenhält, ist der Entwickler der Website selbst. Patrick Barth ist vergangenen August mit seiner Familie mit zwei Kindern wieder nach Bad Saulgau gezogen. Hier ist er geboren. Im Alter von 20 Jahren verließ er die Stadt, wohnte in Biberach, Ulm und Augsburg. Warum er sich für das Geschäftsleben engagiert? „Ich mag es, lokal einzukaufen, und ich möchte, dass das Stadtbild hier erhalten bleibt.“Und das sieht der SoftwareEntwickler durch die Folgen der jetzt verordneten Maßnahmen in Gefahr.
Beim UBS sieht Alexandra Lott durch die Aktion einen ganz neuen Zusammenhalt: „Man sieht, dass wir in dieser schwierigen Zeit alle zusammenstehen, Handwerk, Einzelhandel und Dienstleister“. Nicht auszuschließen ist, dass dieses Zusammenstehen noch weitere Kreise zieht. Denn wer sich beteiligen möchte, muss Mitglied im UBS sein. Und wer mitmachen möchte und noch nicht Mitglied ist? „Der wird dann eben Mitglied“, sagt UBS-Vertreter Daniel Geiger.
Hier die Aktion:
Internetadresse
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