Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Bolsterner Ministranten basteln Osterkerzen
Grüße an die Mitbürger – Tradition wird trotz Corona fortgesetzt
(ki) - Es ist in Bolstern eine feste und beliebte Tradition, dass die Ministranten der Kirchengemeinde St. Gallus mit Ostermotiven geschmückte Kerzen gemeinsam basteln und diese in der Karwoche nach den Gottesdiensten verkaufen, damit an Ostern das österliche Licht in die Häuser kommt. Die Ministranten wollen mit dieser Aktion möglichst vielen Menschen eine Osterfreude machen.
Da die Corona-Pandemie ein gemeinsames Basteln in der Gruppe verhindert und außerdem keine Gottesdienste stattfinden, setzen derzeit die Ministranten um die Oberministranten Pino Pappalardo und Justin Fischer die Idee um, dass jeder zu Hause kleine, leuchtende Ostergrüße bastelt und diese an die Bolsterner Mitbürger verschenkt.
Sie wollen damit an diesen Feiertagen mit soviel Einschränkungen mit dieser Aktion Freude in die Tristesse dieser Zeit verbreiten und die Hoffnung wecken, dass es wieder Tage geben wird, die das Leben lebenswert machen. Die MinistrantenOstergrüße liegen in der Bolsterner St. Galluskirche zum Mitnehmen bereit.
Ich sehe diese Maßnahmen nicht als etwas an, was gegen mich gerichtet ist. Vielmehr geht es um den Schutz für meine Mitmenschen und mich selbst. Ich bin nicht ohnmächtig, sondern kann etwas tun. Und ich konzentriere mich auf das, was möglich ist, und genieße das. Mit großer Freude sehe ich auch, wie viel Mitmenschlichkeit diese Situation hervorbringt. Wichtig ist mir in dieser schwierigen Zeit mein Glaube und das Gebet. Aus dieser Quelle schöpfe ich Ruhe und Kraft. Und ich mache mir bewusst, dass sich die Situation auch wieder normalisieren wird. Irgendwann werden wir uns wieder die Hände reichen und uns umarmen können. Und ich glaube, das wird schöner als je zuvor.
Trotzdem wird von Eltern und Kindern viel abverlangt. Was raten Sie Familien, wie sie diese herausfordernden Wochen am besten meistern können?
Es ist ganz normal, dass man sich in diesem unfreiwilligen engen Zusammensein auch gestresst und überfordert fühlt. Das hat nichts mit Unfähigkeit oder Versagen zu tun. Aber es ist wichtig, sich nicht in diese Gefühle hineinzusteigern. Menschen, die zu hohen Ansprüchen neigen, würde ich raten, ihren Maßstab jetzt etwas herunterzuschrauben. Es muss nicht immer alles perfekt sein.
Bei den Kindern kann das alles auch Ängste wecken, oder?
Ja, durchaus. Deshalb sollten Eltern den Kindern altersgerecht erklären, was jetzt geschieht und notwendig ist. Wichtig ist die Botschaft: Wir sind für euch da. Und ihr könnt mit allen Fragen und Ängsten kommen. Ich rate den Eltern aber auch, auf ihre eigenen Bedürfnisse und Grenzen zu achten. Je besser es ihnen gelingt, auch gut für sich selbst zu sorgen und ruhig und besonnen zu bleiben, umso sicherer fühlen sich auch die Kinder. Mehr denn je sind klare Absprachen erforderlich. Wer arbeitet wann in welchem Raum? Die Eltern sollten sich mit der Kinderbetreuung abwechseln, sodass jeder auch mal Freiräume für sich bekommt. Ich würde grundsätzlich einen strukturierten Tagesablauf empfehlen. Das vermittelt Orientierung, Halt und Sicherheit. Grundsätzlich sollte alles vermieden werden, was zusätzlich Stress und Anspannung erzeugt. So ist es zum Beispiel nicht ratsam, jetzt Themen zur Sprache zu bringen, die schon immer für Zündstoff gesorgt haben. Und man muss auch nicht jede Sendung über den Corona-Virus gesehen haben. Lieber an die frische Luft gehen, Sport machen oder einfach mal Musik hören.
Zeigt uns diese Ausnahmesituation, dass doch nicht alles steuerbar ist?
Ja, diese Krise zeigt, dass der Mensch angesichts bestimmter Situationen letztendlich doch machtlos ist, dass er eben nicht alles in der Hand hat. Und wenn das wieder mehr ins Bewusstsein käme, dann würde vielleicht auch Gott wieder mehr Raum bekommen in jedem einzelnen und dadurch auf der Gesellschaftsebene. So sehe ich in der Corona-Krise durchaus eine Chance für einen längst fälligen Gesinnungswandel und eine Neuorientierung.
Ein längst fälliger Gesinnungswandel? Was meinen Sie damit?
Mit Gesinnungswandel meine ich folgendes: weg vom übertriebenen Profit- und Leistungsdenken und wieder mehr hin zu dem, was das Leben eigentlich ausmacht: menschliche Beziehungen pflegen, bei sich selbst ankommen, die schönen Dinge des Lebens genießen. Dankbar sein statt immer nur mehr haben wollen. Und teilen, statt nur auf den eigenen Vorteil bedacht zu sein. Und ganz wichtig: wieder Grenzen zu akzeptieren, statt sich ohne Rücksicht auf Verluste der Ressourcen der Erde zu bedienen.
Das Osterfest steht vor der Tür. Normalerweise wird das Fest für Ausflüge und gegenseitige Besuche genutzt. Was raten Sie Familien, wie das Fest unter diesen beengten Umständen trotzdem ein schönes Fest werden kann?
Natürlich sollten über die Osterfeiertage alle Kommunikationskanäle genutzt werden, um Verbindung miteinander herzustellen. Auch das Osternest muss nicht ausfallen. Die Großeltern freuen sich bestimmt, wenn sie eines vor der Haustüre entdecken. Oder Kinder hinter Bäumen bei einem Waldspaziergang. Auch ein Osterfrühstück an einem festlich gedeckten Tisch ist auch in diesen Zeiten möglich. Vielleicht mit einem persönlichen Osterwunsch, versteckt in einem ausgeblasenen Ei. Und es gibt genug Möglichkeiten, Gottesdienste online mitzuverfolgen.