Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
„Fühlt sich an wie eine Neueröffnung“
Einzelhändler freuen sich über die von der Regierung beschlossene Lockerung – Hygienevorschriften müssen eingehalten werden
- Die Regierung bleibt bei ihrem strikten CoronaKurs. Restaurants und Kneipen bleiben vorerst weiter geschlossen. Lockerungen gibt es dagegen für den Einzelhändler mit einer Verkaufsfläche bis 800 Quadratmeter. Sie dürfen ab Montag, 20. April, ihre Geschäfte wieder öffnen – sehr zur Freude der Inhaber.
Baykal Ünal,
Vorsitzender der Fachgruppe Einzelhandel im Gewerbeverein Unser Bad Saulgau (UBS), hat die Entscheidung am Mittwochabend mit großer Freude aufgenommen. Dass er nach einer mehr als vierwöchigen Schließung am Montag wieder sein Modegeschäft Punkt Männersache in der Hauptstraße aufmachen darf, „fühlt sich an wie eine Neueröffnung“. Er sei so aufgeregt wie vor zehn Jahren, als er das Modegeschäft zum ersten Mal geöffnet hatte. Ünal und die Bad Saulgauer Einzelhändler warten jetzt darauf, welche Auflagen sie in ihren Geschäften zu berücksichtigen haben. Ünal stellt sich darauf ein, dass er die vorgegebenen Abstände am Boden markieren muss, nicht mehr Kunden als vorgeschrieben zeitgleich im Geschäft
sein dürfen und dass er die Umkleidekabinen jedes Mal desinfizieren muss. „Ich werde das Wochenende nutzen, um alle Vorgaben zu erfüllen“, so Baykal Ünal. Für ihn und alle weiteren Einzelhändler seien die vergangenen Wochen eine harte Zeit gewesen, in der er aber auch „viel Solidarität“erfahren habe. Der Lieferservice habe in den vergangenen Wochen gut funktioniert. Dafür sei er den Kunden sehr dankbar. Große und zumeist unbürokratische Unterstützung erhielt er bei allen dringenden Fragen und Belangen von der Agentur für Arbeit, von der IHK und von der Stadtverwaltung. „Das muss an dieser Stelle auch mal gesagt werden“, so Ünal, der davon ausgeht, „dass die Kunden jetzt auch in die Geschäfte gehen. Sie können es selbst nicht mehr abwarten.“Und Baykal Ünal hofft, „dass nach der Corona-Krise alle Geschäfte erhalten bleiben“.
„Das ist eine wunderbare Nachricht. Wir freuen uns unseren Kunden wieder persönlich gegenübertreten zu dürfen“, sagt Buchhändler
von der Schwaaz Vere Buchhandlung in Bad Saulgau. Noch sei man allerdings weit entfernt von den Möglichkeiten vor Corona. „Ein entspannter Einkauf ist bei den geltenden
Frank Eisele
Hygienevorschriften wohl nicht möglich“, so Eisele. Die Vorschriften würden ab Montag bereits vor dem Geschäft ganz klar kommuniziert. Darüber hinaus wird Eisele den Verkauf mit dem doppelten Aufwand bewältigen. „Unseren Lieferservice für diejenigen, die wegen Corona nicht aus dem Haus sollten, werden wir natürlich aufrechterhalten.“Wichtig ist ihm eine positive Seite der Krise: In der Zeit der Schließung zum Schutz vor Corona habe die Buchhandlung großen Rückhalt bei Kunden erfahren. „Dafür
sind wir sehr dankbar“, so Eisele. Doch trotz des Online-Geschäfts mit Liefer- und Abholservice konnte der Buchhändler in den vier Wochen der Geschäftsschließung nur einen Bruchteil des Umsatzes im Vergleich zu normalen Zeiten erzielen.
Auch Autohäuser dürfen ab kommendem Montag wieder öffnen. „In Bezug auf den Verkauf ist das für uns eine Erleichterung“, sagt
Geschäftsführer des VWAutohauses Uhl in der Herbertinger Straße in Bad Saulgau. Vor allem Gebrauchtwagen stünden derzeit dicht
Osswald, Günter
an dicht auf den Verkaufsflächen. „Das möchten wir abbauen.“Während der vier Wochen verordneter Schließzeit habe Uhl im kaufmännischen Bereich Kurzarbeit eingeführt. Normal lief die Arbeit dagegen im Service-Bereich. Das in dieser Zeit erlaubte Online-Geschäft habe es zwar gegeben, „aber auf sehr niedrigem Niveau“, so Osswald. Der Verkauf von Automobilen sei sehr beratungsintensiv. Vor allem im ländlichen Raum werde dafür der persönliche Kontakt bevorzugt. Osswald sieht das Autohaus für den ersten Öffnungstag am Montag gut vorbereitet. Denn die Hygienevorschriften müssen eingehalten werden. „Wir haben die Breite der Schreibtische verdoppelt, damit der Mindestabstand zwischen Mitarbeiter und Kunde beim Gespräch eingehalten werden kann.“
Genügend Desinfektionsmittel stehe bereit, Plexiglasscheiben sind montiert und ausreichend Schutzmasken bei einem Produzenten am Ort bestellt. Wie das Geschäft nach Corona anlaufe, das weiß allerdings auch Günter Osswald nicht: „Es wird sich zeigen, wie derzeit die Bereitschaft zum Kauf ist. Ein Automobil ist eben ein hochpreisiges Produkt.“