Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
„Es geht gerade um wichtigere Dinge“
Erhard Ambs muss den FC Wangen als neuer Sportlicher Leiter durch die Corona-Krise steuern
- Den FC Wangen hat die Corona-Krise mitten in einer tiefen sportlichen Talfahrt erwischt. Zum Zeitpunkt der Saisonunterbrechung stand der Allgäuer Traditionsverein auf dem letzten Platz der FußballVerbandsliga. Der Abstieg in die Landesliga drohte – und er droht noch immer. Unabhängig davon muss der seit Ende des vergangenen Jahres als Sportlicher Leiter verantwortliche Erhard Ambs an der neuen Saison feilen. Warum er nach mehr als vier Jahrzehnten wieder nach Wangen zurückgekehrt ist und wo er mit dem Verein hin will, erzählt Ambs im Gespräch mit Michael Panzram.
Herr Ambs, wie haben Sie die plötzliche Unterbrechung der Saison erlebt?
Relativ unaufgeregt. Am Wochenende davor hatten wir in Neckarrems verloren. Das ist ein direkter Konkurrent im Kampf gegen den Abstieg. Nach dem 1:4 sind wir total deprimiert zurückgefahren. Das war ein paar Tage später aber nicht mehr wichtig. Als der WFV (Württembergischer Fußball-Verband, Anm. der Red.) vermeldete, dass die Saison unterbrochen wird, haben wir das im Verein schnell und besonnen analysiert.
Seither sind schon wieder fünf Wochen vergangen. Wie sieht Ihre Arbeit als Sportlicher Leiter im Moment aus? Sie werden viel telefonieren, oder?
Ich versuche, die Leute nicht groß mit irgendwelchen Fußballthemen zu belästigen. Es geht gerade um wichtigere Dinge. Natürlich verbringe ich trotzdem viel Zeit mit dem FC Wangen.
Wegen des drohenden Abstiegs müssen Sie ja zweigleisig planen. Wie weit sind Sie für die neue Saison?
Wir planen vollkommen ligenunabhängig. Das geht auch deshalb, weil der Verein finanziell gut dasteht. Ganz egal, in welcher Liga wir in der kommenden Saison spielen werden, hoffe ich, dass wir eine Mannschaft zusammenstellen können, die attraktiven Fußball spielt.
Wie froh sind Sie, dass Sie durch die Vertragsverlängerung mit Trainer Adrian Philipp schon früh Planungssicherheit auf dieser zenUnd
tralen Position hatten?
Ich bin sehr froh, dass sich Adrian noch einmal bereit erklärt hat, weiterzumachen und das keine Hängepartie geworden ist. Das war gar nicht so einfach. Er war einer meiner ersten Gesprächspartner, als ich im Herbst angefangen habe. Da war er noch eher geneigt, den Verein zu verlassen, weil er der Mannschaft einen frischen Impuls geben wollte. Ich habe deshalb auch mit anderen Trainern gesprochen, ob sie nach Wangen kommen wollen. Mit einem war ich schon recht weit. Als Adrian uns signalisiert hat zu bleiben, war das aber schnell erledigt.
Apropos schnell erledigt: Glauben Sie, dass – auch vor dem Hintergrund der momentanen Unterbrechung, deren Ende nicht absehbar ist – bald wieder Fußball gespielt wird?
Mein Gefühl sagt mir, dass die Saison nicht weitergehen darf. Wann wieder Fußball gespielt wird, möchte ich nicht beurteilen. Dass müssen Ärzte und Politiker für uns entscheiden.
wenn es weitergeht, sei es auch erst im Herbst mit einer neuen Saison, wie sollte der FC Wangen da aufgestellt sein?
Für mich wäre es super, eine Mannschaft zu haben, die richtig guten und attraktiven Fußball spielt. Egal, in welcher Liga.
Erst sah es ja so aus, dass Sie sich in Fußballrente begeben, dann haben Sie sich doch anders entschieden. Wie kam es vergangenen Herbst dazu?
Jahrelang war ich beim FV Ravensburg, als Spieler, Trainer und Funktionär. Mit 60 sollte Schluss sein. Doch dann kam der FC Wangen, für den ich über vier Jahrzehnte zuvor gespielt hatte. Als Schüler. Dann aber nicht mehr.
Was hat Sie gereizt?
Wissen Sie, Fußball ist die schönste Nebensache der Welt. Die Gespräche mit Ralf Hartmann und Frauke von Klebelsberg (beide Mitglieder des Vorstands, Anm. d. Red.) waren gut. Ich hatte ein gutes Gefühl. Es war eine Bauchentscheidung, noch einmal Verantwortung zu übernehmen.
Wie war Ihr Eindruck in den ersten Monaten?
Ich bin mit offenen Armen empfangen worden. Ich musste ja erst mal alle kennenlernen. Das habe ich vor der Winterpause gemacht. Da war die Situation rund um die erste Mannschaft zwar schon nicht gerade rosig.
Aber für mich war das kein Grund, es nicht zu machen. Der FC Wangen ist ein wunderbarer Verein. Das passt für mich.