Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Sieben Storchenpaare brüten in Zußdorf
Die Einwohner der 900-Seelen-Gemeinde reagieren unterschiedlich auf die Bruterfolge der vergangenen Jahre
- Manch ein Zußdorfer hat in den vergangenen Wochen verwundert bis ungläubig nach oben geschaut, waren doch plötzlich über Nacht Störche auf seinem Dach gelandet und hatten mit dem Nestbau begonnen. Das ist an sich nichts Ungewöhnliches. Die Schutzmaßnahmen der vergangenen Jahrzehnte haben dazu geführt, dass Störche in Oberschwaben wieder heimisch geworden sind und regelmäßig in den Dörfern rund um das Pfrunger-Burgweiler Ried nisten. So auch dieses Jahr wieder in Zußdorf – und trotzdem ist alles anders.
Der 900-Einwohner-Ort hat plötzlich ein Storchenthema. Gab es 2019 im gesamten Gemeindegebiet von Wilhelmsdorf nur sechs belegte Storchennester, sind es nun allein in Zußdorf sieben Brutstätten – alle im Ortszentrum im Radius von wenigen
Hundert Metern verteilt. Zu dem seit Jahren regelmäßig brütenden Storchenpaar auf einem Verteilermasten zwischen Bräuhaus und Rathaus sind sechs neue Nester hinzugekommen. Vier Storchenpaare nisten auf weiteren Strommasten, zwei haben Hausdächer ausgewählt und dort teilweise abenteuerliche Nestkonstruktionen gebaut. So bevölkern nun insgesamt 14 Störche den Ortskern und sorgen für Aufsehen.
Des einen Freud ist des anderen Leid. Für die Störche selbst scheint der beschauliche Flecken ein wahres Paradies zu sein. Unter den Zußdorfern selbst sind die Meinungen geteilt. Erfreuen sich die einen am Anblick und Verhalten der neuen tierischen Einwohner, so sprechen andere von einer Storchenplage. Vor allem dann, wenn sie ihr neu gedecktes Dach anschauen, das plötzlich von den Hinterlassenschaften der neuen Mitbewohner gezeichnet ist.
Doch entfernt werden dürfen die Nester in der Brutzeit nicht mehr.
Der eigentliche Grund für diese ungewöhnliche Storcheninvasion scheinen nach Aussage des Wilhelmsdorfer Naturschutzzentrums indes die sehr guten Bruterfolge der vergangenen Jahre zu sein. Dabei wurden auch in Zußdorf viele Jungstörche erfolgreich aufgezogen, und diese kommen üblicherweise nach zwei bis drei Jahren aus Nord- und Westafrika in ihre Heimat zurück, um selbst eine Familie zu gründen.
Nun ist aber erst einmal Brutzeit und für einige Wochen Ruhe. Danach wird man sehen, wie viele Nachkommen es dieses Mal werden. Überleben in jedem Nest wie in der Vergangenheit im Schnitt drei Jungstörche, dann werden der Platz und das Futter rund um Zußdorf nicht ausreichen, um alle zu versorgen. Im Moment jedoch erfreuen sich die Tiere ihrer neuen paradiesischen Heimat.