Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Jede Veranstaltung zählt
Messe Friedrichshafen sagt für September geplante Fahrradmesse Eurobike ab – Nachholtermin soll aber noch 2020 stattfinden
Planung – das ist in diesem Jahr wegen der Corona-Krise ausgesprochen schwierig geworden. Besonders bekommen das Unternehmen zu spüren, die ihr Geschäft für das Gesamtjahr im Normalfall auf den Tag genau durchplanen – wie die Messe Friedrichshafen.
Zahlreiche Veranstaltungen hat die Messe wegen der Corona-Pandemie bereits absagen oder verschieben müssen, wie die Auto-TuningMesse Tuning World oder die internationale Luftfahrtmesse Aero. Ob eine der größten Messeveranstaltungen in Friedrichshafen, die internationale Fahrradschau Eurobike, im September stattfinden kann, war zuletzt ungewiss. Jetzt ist klar: Die Messe sagt den Termin (2. bis 5. September) ab. Doch ein bisschen planen wollen die Veranstalter in diesem Jahr dennoch: Die Eurobike soll noch im November nachgeholt werden – aber in veränderter Form.
„Diese Zeit ist höchst anspruchsvoll für mein Team und speziell auch für mich“, bewertet Messechef Klaus Wellmann die Corona-Lage aus Sicht der Messe. Es gehe darum, sich mit den Kollegen fast minütlich auszutauschen und Alternativen zur bisherigen Planung 2020 zu besprechen, aber man sei vorbereitet: „Es gibt für jede Veranstaltung bei uns natürlich einen Plan A, aber auch einen Plan B und manchmal sogar C“, sagt Wellmann im Gespräch mit der „Schwäbischen Zeitung“.
So soll die Eurobike im November nun als reines B2B-Event stattfinden, also ausschließlich für Akteure der Fahrradbranche. Denn auch Ende November sei sicherlich noch damit zu rechnen, dass das Abstandsgebot gelte, sagt Eurobike-Bereichsleiter Stefan Reisinger. Das mache bisherige Veranstaltungspunkte der Eurobike, wie den Publikumstag, bei dem das Eurobike-Gelände für alle Besucher offen ist, nicht möglich.
Dass der Termin für die Fahrradbranche zu spät sein könnte, da zu diesem Zeitpunkt normalerweise neue Modelle und Kollektionen für die nächste Saison bereits in den Geschäften sind, glaubt Reisinger nicht. Die Fahrradbranche starte wegen Corona erst jetzt in die Saison, der gesamte Saisonverlauf verschiebe sich nach hinten, sodass der November noch ausreichend sei, „um die Weichen für die kommende Verkaufsund Produktsaison zu erstellen.“
„Es ist die Kombination: Die Chance, dass wir die Messe durchführen können, scheint im November größtmöglich zu sein und gleichzeitig scheint es die letzte Möglichkeit, um den Saisonverlauf des Fahrradgeschäfts
für 2021 noch positiv zu beeinflussen“, sagt Klaus Wellmann.
Die Messe sei auch eine Chance der Wirtschaft vor Ort zu helfen. „Man denke an die Gastronomie, Hotellerie und die vielen weiteren Dienstleister“, sagt Wellmann, „auch denen täte es mit uns zusammen sehr gut, wenn wir hier so eine Veranstaltung abbilden können, darum kämpfen wir natürlich schon darum, dass wir die Messe noch in diesem Jahr hinbekommen.“
Um den Branchenkunden, die ebenfalls in diesem Jahr um Umsätze kämpfen, auch finanziell Anreize für den Besuch der Messe zu bieten, locken die Veranstalter auch mit reduzierten Standpreisen und verweisen auf im November meist günstigere Übernachtungspreise.
Ob im November aber dann genauso viele Aussteller kommen werden wie sonst – bei der Eurobike 2019 waren es 1400 – können die Veranstalter jetzt noch nicht sagen. „Dafür ist es noch zu früh“, sagt Stefan Reisinger. „Das Angebot der neuen Messe gilt seit Montag.“Jetzt sei es an den Ausstellern, ob sie das Angebot wahrnehmen oder nicht.
Bei der Messe Friedrichshafen kommt es derweil auf jede Veranstaltung an, die stattfinden kann. Schon das vergangene Jahr war nicht einfach für die Messe, da die Schau für Bergsportausrüstung und Freizeitbedarf Outdoor nach vielen Jahren nicht mehr in Friedrichshafen, sondern in München stattfand. „Es war ein erklecklicher Betrag, der uns dadurch sowohl im Umsatz wie auch am Deckungsbeitrag fehlte und auch weiter fehlen wird.“, sagte Messechef Wellmann noch im Februar im Interview mit der „Schwäbischen Zeitung“.
Die detaillierten Geschäftszahlen für 2019 wird die Messe im Sommer bekannt geben. 2018 hatte sie noch 36 Millionen Euro umgesetzt und einen Gewinn vor Steuern und Mieten von 7,5 Millionen Euro erzielt. Wie nun das durch die Corona-Krise gebeutelte Jahr 2020 für die Messe ausfallen wird, dazu kann Wellmann am Montag keine Auskunft geben. Das sei jetzt noch nicht einzuschätzen. „Sobald wir natürlich die Veranstaltungen im Herbst, wie die Interboot oder die Fakuma, durchführen können, sieht das Ganze ganz anders aus, als wenn wir sie nicht durchführen können“, sagt Wellmann. Da gebe es einfach noch zu viele Unwägbarkeiten.
Bei einem Punkt ist sich Wellmann aber sicher: Trotz vieler digitaler Messeangebote, die es derzeit gebe, behalte das persönliche Treffen auf einer Messe auch in Zeiten von Corona seinen Wert. „Nach der Krise werden die Menschen danach lechzen in persönlichen Kontakt zu treten“, sagt Wellmann. Für die Eurobike im November wären das gute Aussichten.