Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Land plant Wiederbeginn des Kulturlebens
(dpa) - Das Kunstministerium arbeitet an einem Fahrplan zum Wiederbeginn des öffentlichen Kulturlebens nach der Corona-Zwangspause. „Wir treffen für den Kulturbereich nächste Woche konkrete Regelungen und eröffnen damit Spielräume für kleine, kreative Formate“, sagte die Ministerin Theresia Bauer (Grüne) am Donnerstag. Großveranstaltungen bleiben aber weiterhin bis mindestens 31. August tabu. „Gerade in dieser Zeit wird uns allen schmerzhaft bewusst, wie sehr uns unser kulturelles Leben fehlt“, sagte Bauer. Möglich gemacht werden sollen demnach kleine, kreative Veranstaltungen, die Kunst und Kultur auch wieder analog in Berührung mit ihrem Publikum bringen: Liederabende, Lesungen, Solistenauftritte, Kleinkunst, Tanz und Theater in kleiner Besetzung sowie Kinovorführungen.
Wegen der Corona-Pandemie fallen die Gedenkveranstaltungen zum Ende des Zweiten Weltkriegs aus. Wer sich das Grauen von damals in Erinnerung rufen will, kann auf eine ganze Reihe lesenswerter Bücher zurückgreifen.
Die Nachricht erreichte Adolf Hitler in den frühen Stunden des 30. April 1945. Wilhelm Keitel, Chef des Oberkommandos der Wehrmacht, machte mit seiner Meldung die letzte Hoffnung zunichte, dass der sowjetische Belagerungsring um Berlin noch durchbrochen werden könnte. „Erst jetzt entschloss sich Adolf Hitler, das wahrzumachen, womit er im Lauf seiner unheilvollen Karriere immer wieder gedroht hatte: seinem Leben ein Ende zu setzen“, so der Historiker Volker Ullrich. Stunden später war der, den sie „Führer“nannten, tot, eine gute Woche darauf der Zweite Weltkrieg in Europa beendet. In seinem neuen Buch
schildert Ullrich „Die letzte Woche des Dritten Reichs“.
im Mai“ „Acht Tage
Anschaulich nähert er sich jenem seltsamen Schwebezustand, den der Schriftsteller Erich Kästner als „kurze Pause im Geschichtsunterricht“bezeichnete. Das NS-Regime implodierte, zugleich hatten die Alliierten ihre Besatzungsordnung noch nicht installiert.
Einige der Stimmen, die Ullrich in seinem Buch zitiert, finden sich auch in Walter Kempowskis 2005 erschienenem und jetzt neu aufgelegtem
’45“, „Abgesang
„Echolot“-Band
einer meisterhaften Collage aus Dokumenten, Berichten, Briefen und Tagebucheinträgen von Menschen, die das Geschehen vor 75 Jahren mit eigenen Augen erlebten. Grauenvolle „Todesmärsche“von KZHäftlingen, Flüchtlingstrecks, zerbombte Städte bildeten die apokalyptische Kulisse der letzten Kriegstage. Manche Facetten förderte die Geschichtsschreibung freilich erst Jahrzehnte später zutage.
kamen“ „Als die Soldaten
Ein Beispiel dafür ist
der Konstanzer Historikerin Miriam Gebhardt. Sie hinterfragt das Klischee, wonach Amerikaner, Briten und Franzosen als Befreier kamen, die Russen hingegen als Vergewaltiger. Neben der Roten Armee, so die Autorin, hätten auch französische, amerikanische und britische Soldaten am Kriegsende und während der Besatzungszeit Hunderttausende Frauen sexuell misshandelt. Manche setzten nach den als Schande empfundenen Vergewaltigungen ihrem Leben selbst ein Ende. Doch das war nicht der einzige Grund, weswegen es in den deutschen Städten zu einer wahren Suizidwelle kam.
Der Drehbuchautor und Publizist Florian Huber schildert in seinem Buch
„Kind, versprich mir, dass du dich erschießt“,
wie zahlreiche Volksgenossen ihrem „Führer“in den Tod folgten. Die meisten Deutschen hatten keinen Zweifel mehr, dass der Krieg verloren und dass das Regime, dem vom Mitläufer bis zum Karrieristen viele gedient hatten, dem Untergang geweiht war.
Erlösung aus dem Teufelskreis von Angst und Schuldgefühlen versprach der Griff zum Gift. „Im Frühjahr
des Jahres 1945 kamen Zyankali und Blausäure in Deutschland in großen Mengen in Umlauf“, hält Huber fest. Beim letzten Konzert der Berliner Philharmoniker am 12. April, also kurz vor Kriegsende, sollen am Ausgang Hitlerjungen Zyankali-Kapseln verteilt haben. Zuvor lauschte das Publikum unter anderem dem Finale von Wagners „Götterdämmerung“.
Fanatiker gab es bis zum Schluss. Ein besonderes Schicksal zeichnen Susanne und Jan Peter Wiborg nach. In
„Glaube, Führer, Hoffnung. Der Untergang der Clara S.“
verfolgen sie die Spuren einer Tante, die zu den wenigen Frauen gehörte, die im Frühjahr 1945 aus freien Stücken in der damaligen pommerschen Hauptstadt Stettin zurückblieben. „Unser Leben ist im Augenblick derart schön, daß Du es nicht glauben wirst und Dir auch nicht vorstellen kannst“, schreibt Clara zum Osterfest an ihre Mutter. „Der Frühling so schön. Der Krieg so nah. Alles Leben gesteigert.“
Stattdessen hielt der Tod noch einmal reiche Ernte. Während die Deutschen kapitulierten und die Waffen in der Nacht vom 8. auf den 9. Mai niederlegten, gingen die Kämpfe in Asien weiter. Anfang August fielen Atombomben auf Hiroshima und Nagasaki. Am 2. September nahmen die Alliierten schließlich die Kapitulation Japans entgegen. In
seiner gut lesbaren Gesamtdarstellung des Zweiten Weltkriegs, zitiert der britische Historiker Andrew Roberts den US-amerikanischen General Douglas MacArthur mit den Worten: „Lassen Sie uns dafür beten, dass jetzt der Friede auf der Welt wiederhergestellt wird und dass Gott ihn für immer bewahren möge.“(KNA)
„Feuersturm“,