Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Kein Platz mehr für Künstler
Ex-Trainer Arsene Wenger beklagt das Schicksal von Mesut Özil
(SID) - Der Abstieg des ExWeltmeisters Mesut Özil beim englischen Topclub FC Arsenal zum Dauerreservisten ist für seinen Ex-Trainer Arsene Wenger „eine Schande“. In einem Interview mit der „Welt am Sonntag“bezeichnete die französische Trainer-Ikone die seit Monaten bestehende Zuschauerrolle des Weltmeisters von 2014 bei den Gunners als „eine Verschwendung, für ihn und für alle, die Fußball lieben. Er ist einer der ganz Großen. Leute gehen ins Stadion, um Spieler wie ihn zu sehen“.
Wie viele Beobachter kennt Wenger, der Özil 2013 von Real Madrid zu Arsenal geholt hatte, die Hintergründe für die Situation des gebürtigen Gelsenkircheners auf der Insel nach eigenen Angaben nicht. „Er ist vom
Radar verschwunden, als ich den Club verlassen habe. Er ist ein Künstler. Aber für Künstler ist kein Platz mehr im modernen Fußball. Die wahren Gründe, wieso er nicht da steht, wo er stehen müsste, sind mir ein Rätsel.“
Özil war kürzlich von Arsenal-Trainer Mikel Arteta nicht für den EuropaLeague-Kader nominiert worden. Seit Monaten hat der 31-Jährige bei Arteta sportlich – trotz eines persönlich guten Verhältnisses – einen schweren Stand. Seinen letzten Einsatz für Arsenal bestritt der 92-malige Nationalspieler Anfang März noch vor der Corona-Unterbrechung. Seit Ende Juni stand Özil nicht mehr im Aufgebot. Der Vertrag des Ex-Schalkers und -Bremers läuft im Juni aus. Die Vereinsführung will den Spitzenverdiener
der Mannschaft – Özil kassiert 350 000 Pfund pro Woche, also etwa 20,5 Millionen Euro pro Jahr – schon seit geraumer Zeit abgeben, allerdings machte Özil da nicht mit.
Ein Aspekt für die negative Entwicklung von Özils Laufbahn könnte aus Sicht Wengers, der 2018 nach 22 Jahren in London aufhörte, der Rücktritt des Mittelfeldregisseurs aus der deutschen Nationalelf nach der Debatte um sein Foto mit dem türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan im Vorfeld der WM 2018 in Russland gewesen sein: „Ich habe es noch nie gemocht, wenn Spieler bei der Nationalelf hingeschmissen haben. Irgendetwas geht und stirbt dann in ihnen. Nachdem die Tür zu war, habe ich nur Spieler gesehen, bei denen es abwärts ging. Bei keinem ging es danach aufwärts. Ich mag seine Entscheidung nicht. Ich denke, sie war ein Fehler.“