Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Flagge zeigen für mehr Lohn
Warnstreik des öffentlichen Diensts auf dem Marktplatz – Weitere Aktionen geplant
- Etwa 20 orange gekleidete Mitarbeiter des städtischen Bauhofs und der Straßenmeisterei haben am Montagmittag beim Warnstreik auf dem Marktplatz in Bad Saulgau Flagge gezeigt. Die Gewerkschaft Verdi fordert für bundesweit 2,3 Millionen Beschäftigte im öffentlichen Dienst 4,8 Prozent mehr Lohn, mindestens aber 150 Euro mehr im Monat.
Keine Trillerpfeifen, kein Megaphon: Unter Coronabedingungen fand die knapp 30-minütige Aktion auf dem Marktplatz statt, bei der die Teilnehmer den Mindestabstand einhalten und Masken tragen mussten. Nicht irgendeine Maske, sondern eine Maske von Verdi mit der Aufschrift „Unverzichtbar“. Zuvor hatten sich die Teilnehmer in die Registrierliste unter einem Pavillon eingetragen. „Sicherheit geht vor“, sagte Jutta Aumüller, stellvertretende Geschäftsführerin des Bezirks Ulm-Oberschwaben, als sie nach dem nachlassenden Regen zu den Mitarbeitern sprach, die ihre Mittagspause verlängerten, um ihren Unmut zum Ausdruck zu bringen.
Jutta Aumüller stellte klar, dass die Arbeitgeber sich geweigert hätten, die Tarifrunde im öffentlichen Dienst wegen der Coronapandemie auf das nächste Jahr zu verschieben. „In den ersten zwei Verhandlungsrunden haben uns die Arbeitgeber kein Angebot vorgelegt“, so Aumüller, die das Horrorszenario der Beschäftigten formulierte – „dass das Leistungsentgelt eingestampft und außerdem die Eingruppierungsregelungen verschlechtert werden sollen“.
Dann übergab Aumüller das Wort an Günter Kessel, Personalratsvorsitzender
des Landratsamts Sigmaringen. Mit lauter Stimme wandte er sich an die Teilnehmer des Warnstreiks, machte ihnen deutlich, dass die Fronten verhärtet seien. „Der öffentliche Dienst ist so unattraktiv geworden, dass wir keine Kollegen mehr finden, die bereit sind, für diesen Hungerlohn zu arbeiten“, sagte Kessel.
Im Vergleich zur Automobilindustrie würden die Beschäftigten im öffentlichen Dienst etwa 10 000 Euro weniger im Jahr verdienen. Der seit Jahren anhaltende Fachkräftemangel sei auch auf das niedrige Gehalt im öffentlichen Dienst zurückzuführen. „Wir müssen uns wehren“, sagte Kessel – „notfalls auch im Homeoffice, mit Verdi-Fahnen an den Fenstern“. „Wir sind es wert“, rief Kessel zum Ende des Warnstreiks, bevor die Masken wieder abgenommen werden durften.