Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Der Neuling sitzt zu Hause
Die Spieler des Volleyball-Bundesligisten Unterhaching sind zwangsweise in Quarantäne – Start ist verschoben
- Natürlich geht Patrick Steuerwald sofort ans Handy. „Guten Tag, Patrick hier.“Kein Wunder, denn der Trainer des TSV Unterhaching ist momentan zu Hause in Quarantäne. Bei der Saisonvorstellung des Volleyball-Bundesligisten in den Bavaria Filmstudios hatte es einen Corona-Fall im Umfeld der Mannschaft gegeben. Die Konsequenz: Patrick Steuerwald sowie die Spieler, Trainerkollege Stanislav Pochop und Geschäftsführer Mihai Paduretu mussten ins zweiwöchige Zwangs-Homeoffice.
Ab Freitag kann der ehemalige CoTrainer des VfB Friedrichshafen dann wieder vor die Tür. Zu spät allerdings für den eigentlich am Sonntag geplanten Saisonauftakt bei den Bisons in Bühl – die Partie wurde abgesagt und auf November verlegt. Somit startet der Neuling aus München nach nur einer Trainingswoche am 25. Oktober ausgerechnet gegen den frisch gebackenen Supercup-Gewinner, die Berlin Volleys, ins Abenteuer Bundesliga. „So ganz kann ich nicht verstehen, dass wir trotz negativer Ergebnisse zu Hause sitzen“, sagt der 34-jährige Steuerwald. Doch sämtliche Nachfragen bei den Ärzten waren erfolglos. Und so ist auch Steuerwald derzeit ein Stubenhocker, wobei es zu Hause durchaus genug Arbeit gibt. Denn seit März baut der Familienvater sein Haus um. Auch für die Kinder (2 und 5 Jahre) bleibt momentan viel Zeit. „Wir machen das Beste draus und müssen uns mit der Situation abfinden.“Bereits Mitte September hatte der TSV coronabedingt eine – allerdings kürzere – Trainingspause einlegen müssen. Das wird man der jungen Mannschaft mit einem Durchschnittsalter von knapp 22 Jahren zunächst anmerken, vermutet der Trainer.
Keiner hat ein Fitnessstudio im Keller, also war auch kein Cybertraining möglich. „Vielleicht sind die Jungs deshalb umso heißer“, hofft Steuerwald. Beim Restart am Freitag soll sich das Team erst einmal wieder an den Ball gewöhnen, es wird Übungen mit vielen Wiederholungen geben. Im athletischen Bereich macht sich Steuerwald weniger Sorgen. „Die Chancen gegen Berlin waren vorher nicht sehr hoch und sind jetzt auch durch die Pause nicht dramatisch schlechter geworden“, glaubt der Ex-Friedrichshafener. „Wir brauchen Spiele auf diesem Niveau.“
Beim TSV will man in den kommenden Wochen weniger auf die Ergebnisse als vielmehr auf die persönliche Entwicklung der Spieler schauen. Dass eine Saison ohne Abstieg gespielt wird, war ein mitentscheidender Faktor für das Projekt Bundesliga. Man bekommt im Münchener Süden somit Zeit, Strukturen aufzubauen, Sponsoren und Partner zu finden, „in der Liga anzukommen“.
Oder um es mit den Worten von Geschäftsführer Mihai Paduretu zu sagen: „Das zweite Haus, das man baut, ist immer besser als das erste.“Beim TSV soll mehr in Strukturen, nicht mehr wie zu früheren Bundesliga-Zeiten nur in die Mannschaft investiert werden. Sportlich wie finanziell wird nicht mehr alles auf einer Schulter lasten – wie in den Erfolgsjahren zwischen 2009 und 2013 eben auf Trainer Paduretu oder Hauptsponsor Generali. „Ich werde nicht mehr wie früher auch noch meine ganze Freizeit investieren“, sagt Paduretu, dessen Sohn Eric im Zuspiel Regie führt. Ohnehin hat der 53-Jährige als Geschäftsführer eines Vereins mit 3500 Mitgliedern in 15 Abteilungen in einem Corona-Jahr ganz andere Aufgaben, als sich nur auf Volleyball zu konzentrieren. „Die Bundesliga kam für uns alle überraschend“, meint Paduretu, „wir hatten nur für die 2. Liga gemeldet.“Finanziell kommt die Bundesliga für den TSV auf jeden Fall zu früh, „das Geld musste zusammengekratzt werden“. Wobei sich – auch für Paduretu überraschend – einige lokale Sponsoren fanden. So steht das Erbe der Alpenvolleys aus Tirol nicht mehr auf ganz so wackeligen Beinen.
Sportlich gesehen ist das sehr junge und unerfahrene Team in etwa auf einer Stufe mit dem VC Olympia zu sehen, was die eine oder andere satte Niederlage mit einschließen dürfte.