Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Medikamente werden häufiger online gekauft
Gesundheitsminister Spahn will Apothekenmarkt neu ausrichten – zum Wohl der Patienten
(dpa) - Wenn der Kopf brummt oder der Rücken zwickt, müssen Verbraucher schon lange nicht mehr zur Apotheke laufen. Mit ein paar Klicks lässt sich das passende Medikament auch im Internet bestellen. Für Patienten ist das bequem. Doch den klassischen Apothekenmarkt hat diese Möglichkeit kräftig durcheinander gewirbelt. Große Versandapotheken wie Doc Morris, Zur Rose oder Shop Apotheke Europe erobern seither stetig Marktanteile. Weil sie dabei für viele Medikamente Rabatte anbieten, sehen sich stationäre Anbieter einem ungerechten Wettbewerb ausgesetzt – auch wenn viele von ihnen ihre Produkte inzwischen auch selbst online vertreiben.
Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hat deshalb gleich mehrere Gesetzesvorhaben auf den Weg gebracht, zum Teil sind sie schon in Kraft getreten. Sie sollen zum einen den Medikamentenmarkt digital neu ausrichten. Zum anderen sollen sie dafür sorgen, dass Vor-Ort-Apotheken im Wettbewerb nicht unter die Räder kommen. Profitieren soll am Ende vor allem auch der Patient.
Doch wie schwierig dieser Spagat ist, hat am Donnerstag der Kongress des Bundesverbands Deutscher Versandapotheken (BVDVA) in Berlin gezeigt. Die Corona-Krise hat den Trend der vergangenen Jahre noch einmal veschärft: Auf 18 bis 20 Prozent beziffern Marktforscher den Anteil der Versandapotheken am gesamten Apothekenmarkt aktuell.
Doch stark sind die Versandhändler lediglich beim Handel von Medikamenten ohne Rezept. Sobald es um verschreibungspflichtige Arznei geht, sinkt ihr Marktanteil auf gerade mal ein Prozent. Das liegt vor allem daran, dass der Kunde das ausgedruckte Rezept per Post einsenden muss, während er es bei der Apotheke um die Ecke nach dem Arztbesuch nur abgeben muss und sofort das Medikament ausgehändigt bekommt.
Hier setzt das erste Gesetz von Jens Spahn an, das Gesetz für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung (GSAV). Es wurde bereits vor einigen Wochen vom Bundestag beschlossen. Mit dem GSAV hat Spahn das E-Rezept eingeführt: Ab kommendem Jahr kann sich ein Patient vom Arzt per Videosprechstunde ein Rezept ausstellen zu lassen. Das wird dann in der App gespeichert und kann bei jeder Apotheke auch online vorgezeigt werden. Anfang 2022 soll das E-Rezept flächendeckend eingeführt werden. Experten gehen davon aus, dass die Versandapotheken ihren Marktanteil bei verschreibungspflichtigen Medikamenten dadurch in fünf Jahren auf acht Prozent steigern könnten.
Doch auch zur Stärkung der VorOrt-Apotheken hat Spahn ein Gesetz erarbeitet. Mit diesem will er die Rabatte der Versandapotheken verbieten und so für Preisgleichheit zwischen allen Marktteilnehmern sorgen. Verabschiedet ist das Gesetz aber noch nicht.