Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Der Weltallerbeste aller Zeiten
Zum 60. Geburtstag des legendären Argentiniers Diego Armando Maradona
Neutral ist in diesem Fall nicht möglich. Für den Großteil der Argentinier ist und bleibt er das, was er auch für den Schreiber dieser Zeilen ist: der Weltallerbeste aller Zeiten. Weder Pelé noch Lionel Messi können ihm das Wasser reichen. Von deutschen Spielern erst gar nicht zu reden, wenn es um die fußballerischen Qualitäten eines Diego Armando Maradonas geht.
Wer jetzt den Kopf schüttelt, möge auf der Video-Internetplattform You-Tube den Namen Maradonas und den Gassenhauer „Live is life“eingeben. Wie sich der Argentinier im Dress des SSC Neapels warm macht, ist spektakulär, Zirkusakrobaten wirken dagegen wie hölzerne Marionetten. Jetzt wird die legendäre Nummer 10, die Argentinien 1986 fast im Alleingang zur Weltmeisterschaft flankte und schoss, 60 Jahre alt. Mitte der 1990er-Jahre hätte niemand darauf gewettet, dass Maradona überhaupt 40 Jahre alt wird. Kokainsucht und alle möglichen Exzesse überschatteten die Karriere eines Jungen aus den Slums, der dank seines spielerischen und technischen Genies ganz oben war und dann immer wieder scheiterte.
Die Fiesen machten sich über ihn lustig, die Guten holten ihre Taschentücher heraus. Eine Zeitlang wurde er zum Clown eines ganzen Landes, da er nie den Mund halten konnte und sich mit jedermann anlegte. Eine Ausnahme soll es jedoch geben: Als Papst Johannes Paul II. ihm bei einer privaten Audienz einen Rosenkranz schenkte, soll er – so steht es in seiner Biografie – für einen klitzekleinen Moment geschwiegen haben. Ansonsten war niemand vor dem Mann sicher, der den legendären Guerillero und Landsmann Ernesto „Ché“Guevara auf dem rechten Oberarm tätowiert hat. „Pensionierter Fußballpunk“hat ihn einmal die „taz“genannt. Einen,
„Auf dem Platz wird das Leben unwichtig. Die Probleme, all das wird unwichtig.“
für den es nie Grenzen gab und dem seine eigenen Widersprüche und Abstürze immer herzlich egal waren. Ein Beispiel außerhalb des Spielfeldes? Ohne den Drogenentzug auf Kuba wäre Maradona mit Sicherheit zugrunde gegangen. Danach sagte er mehrfach, er sei bereit, „für Fidel Castro mein Leben zu geben“. Seine Bewunderung für den kommunistischen Diktator tat seine enge Verbindung zum ehemaligen wirtschaftsfreundlichen Staatschef Carlos Meném keinen Abbruch.
Genialer Spielmacher, Weltmeister, unter Vertrag bei Topvereinen in Argentinien und Europa, mal überragend, mal grottenschlecht, immer wieder gescheiterter Trainer inklusive der eigenen Nationalmannschaft, Drogensucht, Frauengeschichten
Diego Maradona in der Dokumentation von Amazon und auch eine Magenverkleinerung gegen seine sprachlosmachende Fettleibigkeit, all das macht ihn aus.
Mag sein, dass er seinen eigenen Ruhm nicht verkraftet hat, aber für jeden Fußballromantiker ist er die
Referenzgröße zu anderen Spielern, die gegen ihn auf dem Rasen wie die „geistigen Zwerge“wirkten, wie der schon erwähnte Ex-Staatschef Meném einmal die Kritiker Maradonas nannte. Neutral geht eben nicht.