Schwäbische Zeitung (Bad Saulgau)
Ein bisschen Frieden
Kandidaten für CDU-Vorsitz einigen sich auf Parteitag Mitte Januar – Kritik an Merz durch seine Anhänger
– Nun also doch. Nach einer Woche voller Streit, Vorwürfen und Drohungen haben sich die drei Kandidaten für den CDU-Parteivorsitz auf einen Fahrplan für die Wahl verständigt. Generalsekretär Paul Ziemiak nannte die Einigung „ein starkes Signal für den Zusammenhalt in unserer Partei“. Tatsächlich bleibt der CDU die befürchtete Zerreißprobe nun vorerst erspart. Die scharfe Auseinandersetzung der vergangenen Tage hat allerdings Spuren hinterlassen, deren langfristige Folgen noch nicht ganz absehbar sind. „Es war ein Blick in den Abgrund, den alle tun konnten“, sagte Parteichefin Annegret Kramp-Karrenbauer dem Sender RTL.
Erzielt wurde der Kompromiss nach diversen Vorgesprächen und Schaltkonferenzen. Demnach verständigten sich Friedrich Merz, Armin Laschet und Norbert Röttgen auf Mitte Januar als Termin für den Parteitag. Voraussichtliches Datum ist der 16. Januar, für den Tag ist ohnehin eine Klausur der Parteispitze angesetzt. Formal beschließen muss dies allerdings der Bundesvorstand, der sich am 14. Dezember das nächste Mal trifft. Allen drei Kandidaten wäre weiterhin ein halbwegs normaler Präsenzparteitag am liebsten. Allerdings ist es angesichts der derzeitigen Corona-Lage ziemlich unwahrscheinlich, dass es in zweieinhalb Monaten schon wieder möglich sein wird, tausend Delegierte in einer Halle zu versammeln. Als Alternative soll daher auch eine Aufteilung des Parteitags auf mehrere Standorte vorbereitet werden oder auch ein Online-Parteitag mit digitaler Wahl.
All dies war in der CDU-Spitze und zwischen den Kandidaten auch schon vor einer Woche diskutiert und letztlich entweder aus praktischen oder rechtlichen Gründen verworfen worden. Als neues Element aufgenommen wurde nun daher der Plan, eine digitale Wahl anschließend „durch eine einmalige schriftliche Schlussabstimmung“zu bestätigen. Mit Blick auf einen Online-Parteitag
plus Briefwahl hatte es in der CDU allerdings Bedenken gegeben, dass das wegen möglicher Stichwahlen und der Postwege lange dauern könnte – während die Wahlkämpfe vor den Landtagswahlen in BadenWürttemberg und Rheinland-Pfalz am 14. März schon laufen, die als Stimmungstests vor der Bundestagswahl Ende September gelten.
Zugleich nehmen inzwischen die politischen Bemühungen zu, das Parteiengesetz nun rasch so zu ändern, dass ausdrücklich auch Vorstandswahlen von Parteien online stattfinden können. Es gebe „ermutigende Signale“von den anderen Parteien, sagte Kramp-Karrenbauer. Merz begrüßte die Einigung und sprach von einem „guten Kompromiss“. Er hatte eigentlich eine Entscheidung noch in diesem Jahr erzwingen wollen. Erreichen konnte er nun, dass die Wahl nicht auf unbestimmte Zeit verschoben bleibt. Doch sein brachiales Vorgehen und seine Vorwürfe an „Teile des Partei-Establishments“haben auch viele seiner Anhänger verstört. In einer E-Mail an seine Anhänger schrieb Merz am Freitag, er habe in der Partei sehr viel Zustimmung, aber auch Kritik für seinen Vorstoß bekommen. „Über die Zustimmung freue ich mich, die Kritik nehme ich sehr ernst.“Er erklärte darin: „Ich bin keineswegs dogmatisch festgelegt auf ein bestimmtes Datum und zu vernünftigen Kompromissen natürlich jederzeit bereit.“Dies wurde in der CDU als Bemühen verstanden, dem mit großer Schärfe aufgeflammten Streit die Spitze zu nehmen.
Alle Kandidaten äußerten sich am Samstagabend auch auf Twitter. „Das Wichtigste in diesen Tagen ist für uns, das Land gut durch die CoronaPandemie zu bringen“, schrieb Laschet. Deshalb sei entschieden worden, den Parteitag zu verschieben. „Wir brauchen aber Klarheit für das neue Jahr. Dem dient unser gemeinsamer Vorschlag.“Auch Röttgen sprach von einer „guten Lösung“. „Wir müssen unsere Führungsfrage zügig klären, um uns dann mit neuer Kraft auf die anstehenden Wahlkämpfe zu konzentrieren.“